Soll man Stefan Zweig in seinen Ausführungen im Buch „Brasilien – Land der Zukunft“ Glauben schenken, so ist der Brasilianer an sich ein friedliebendes Volk. Freundlich, nett, ein wenig unschuldig oder naiv und vor allem harmoniebedürftig.
So ganz kann ich diese Meinung nicht teilen – siehe man nur mal das Verhalten im Straßenverkehr – aber etwas scheint dran zu sein. Denn wer soooo freundlich sein soll, kann sicher nicht ohne weiteres NEIN sagen!
Da kann man wirklich noch einiges lernen, vom Brasilianer. Daher habe ich hier anhand von Fallbeispielen ein paar Übungen vorbereitet:
1. In der Rolle der Sprachlehrerin
Man verabrede einen Termin, sage dann aber kurz vorher (max 2 Stunden) wieder ab, um einen neuen Termin zu vereinbaren. Auch diesen Termin verschiebe man unter heftigem Bedauern auf ein anderes Mal. Beim dritten Mal unternehme man gar nichts, gehe nicht hin, dafür schreibe man aber sofort einen Tag später eine Nachricht, wie leid es einem tue – und verabrede ein weiteres Mal. Und so weiter. Wichtig ist, dass die Gründe und Zeiträume immer anders gewählt werden.
Der Erfolg: Der Andere meldet sich ganz sicher nie wieder!
2. In der Rolle des Handwerkers
Man unterhalte sich am Telefon über ein Stück „Gewerk“, was zu erledigen ist. Man zeige sich begeistert, ja regelrecht enthusiastisch über den bevorstehenden Auftrag und erkläre sich gerne bereit, zu einem gemeinsamen Termin vor Ort zu erscheinen, um ein Angebot anzugeben. Und dann schalte man das Telefon aus und melde sich nicht mehr. Selbstverständlich erscheine man auch nicht zum vereinbarten Treffpunkt, der via Mailbox erhalten wurde.
Der Erfolg: Der Job geht garantiert an einen anderen.
3. In der Rolle der Physiotherapeutin
Man stelle sich via Internet mit seinem Handwerk vor. Es melden sich bestenfalls potentielle Kunden, auch telefonisch via Mailbox. Man lasse den Tag zu Ende gehen und rufe dann möglichst spät (etwa ab 23h) zurück, mit der Betonung, wie leid es einem tue, aber dass es nicht anderes gehe. Dieses Gespräch muß unbedingt ergebnislos bleiben und mit einem weiteren versprochenen Rückruf enden. Dieser darf aber nicht erfolgen, so dass der Andere sich von allein meldet. Dann absolut unverbindlich bleiben und klarstellen, dass ein Termin eventuell möglich sei, zwischendurch, aber nicht verabredet werden kann.
Der Erfolg: Der Kunde wird sich abwenden.
4. In der Rolle des Auftraggebers
Man stelle einen neuen Job in Aussicht und gebe dem Anderen die dafür nötigen Unterlagen mit der Bitte, sie innerhalb kurzer Zeit zu lernen um sich dann wiederzutreffen und das Gelernte abzufragen. Man sage etwa 2 Stunden vorher ab, verabrede aber einen neuen Termin (Siehe Sprachlehrerin). Jetzt seid ihr dran: Was muß als Nächstes passieren? … RICHTIG! Man nehme auch den Zweiten nicht wahr, aber unter größtem Bedauern und mit Ausdruck der Vorfreude aufs nächste Treffen. Gerne auch ein Zusatz, dass man schon sehr gespannt sei. Das Prinzip muß so lange fortgeführt werden, bis der Andere irgendwann nachfragt, was eigentlich los sei. Daher immer unterschiedliche Medien einbeziehen: Telefonate verabreden, persönliche Treffen, Skype-Sessions, E-Mails – da ist der Kreativität keine Grenze gesetzt.
Der Erfolg: Der Andere kommt sich irgendwann doof vor und gibt einfach auf.
Also Summasummarum: UNBEDINGT IMMER unverbindlich bleiben, Entscheidungen nicht treffen oder möglichst lange herauszögern. Wenn man keine Lust hat, ja sagen und sich nicht mehr melden. Oder sich einfach überhaupt nicht melden. Nun viel Spaß beim Üben 😉 pe
Kleiner Tipp: Als Rollen eignen sich auch hervorragend Makler, Versicherungsagenten und KFZ-Mechaniker