KOMMUNIKATION

Wenn ich heute auch nur noch 1 Wort portugiesisch reden muss, dreh ich durch. Es gibt so Tage hier, da versteht einen kein Mensch!

Angefangen bei der Übersetzung eines Rezeptes, wo ich erfahren durfte, dass ich das Wort „Stück“ so übersetzt habe, dass der Brasilianer das zweifelsfrei als „Schwanz“ lesen muss. Sehr zum Vergnügen meiner Sprachlehrerin und meines Mannes, der das eben erzählt bekam.

Danach einen halben Tag und mindestens 10 Telefonate lang der Versuch, meine doch rechte simple Email-Adresse Richtung Makler zu kommunizieren. Abgesehen davon, dass ich nicht Jessica, auch nicht Pizza, sondern Petra heiße. Avanete hatte heute ebenfalls Sprachbomben parat, die ich mir mehr oder weniger als Kleingedrucktes vorstellen durfte. Und der Brasilianer hat Spass, hat Spass, hat Spass.

Also heute Abend defintiv: Ausnahmslos Deutsch mit einigen Fasern Kölsch 🙂 SO! pe

FERIEN IN EUROPA

Schön wars, in Buenos Aires. Vor zwei Wochen war ich dort – diesmal ohne Jo – dafür mit Nicole, meiner Freundin aus Deutschland, die uns zuerst in São Paulo besucht hat, dann gemeinsam mit mir nach Buenos Aires geflogen ist, um danach auf eigene Faust Argentinien bis runter nach Feuerland zu durchreisen. WOW!

Von Buenos Aires sagt man, es sei die europäischste Stadt Südamerikas. Stimmt! Die Gebäude und Straßenzüge erinnern an Paris oder Madrid – man hat den Eindruck, hier ist ein Stück europäischer Kultur konserviert worden.

Man sagt, dort gäbe es das beste Fleisch und den besten Rotwein. Stimmt! Ohne Worte – man muß beides ausprobieren! In argentinischen Restaurants in Deutschland schmeckt das Fleisch ja schon toll, aber wenn es quasi frisch vom Rind aus der Pampas auf dem Teller landet, ist das nochmal geiler. Und das umgerechnet für 6 Euro bei 250 Gramm.

Die Stadt des Tango. Stimmt! Leider, denn alle Nase lang wird einem eine „Original Tangoshow“ via Flyervertrieb auf der Straße offeriert, da der Tanz gerade wieder in Mode gekommen ist. Wie so etwas abläuft, haben wir unfreiwillig in La Boca gesehen – muß man nicht haben.

Man kann in Buenos Aires bestens shoppen. Stimmt! Vor allem im Viertel Palermo, das rein zuuufällig auch unser Standort war. Wir wohnten dort in einem chicen Loft (siehe Galerie) – sehr angemessen für eine Mädchenfreizeit 🙂 Leider gilt auch in Buenos Aires: Konfektionsgröße 36-38 ist eindeutig im Vorteil.

Bei soviel „Stimmt“ kommt die Frage, was eigentlich überraschend war?

Zum Beispiel das Grab von Eva Perón, der bis heute beliebtesten Person in Argentinien. Begraben ist sie auf dem Friedhof in Recoleta, einem zentralen Stadtviertel. Der Friedhof ist nebenbei einer der touristischen Hotspots in Buenos Aires. Erwartet haben wir ein Mahnmal der Extraklasse – gefunden eine vergleichsweise schlichte Grabstätte in einer schmalen Gasse am Rand des Friedhofs. Gefunden auch nur deshalb, weil vor uns eine Touristengruppe in diese Gasse marschiert  ist.

Überraschend war auch der Aufmarsch der Mütter auf dem Plaza de Mayo. Die Demonstration der „Madres“ gibt es seit 1977 mit beginnendem Ende der Militärdiktatur. Anfangs war die Demo lebensgefährlich, denn jederzeit hätten die Teilnehmerinnen abgeführt werden können – so ist auch die Gründerin „einfach“ verschwunden. Ungeachtet dessen und unterstützt durch die Bevölkerung haben die Frauen weitergemacht und jeden Donnerstag treffen sie sich seitdem auf dem Platz, um die Aufklärung der Verbrechen und die Strafe für die Schuldigen zu fordern, indem sie eine halbe Stunde lang stumm um den Platz marschieren, da stehender Protest zu Zeiten der Militärdiktatur verboten war. Das war sehr beeindruckend, sind doch die Frauen in der ersten Reihe mittlerweile in den 80ern. Und wenn man in ihre Gesichter schaut, bekommt eine Idee von dem Leid, das die Diktatur hervorgebracht hat.

Ich hätte nicht gedacht, dass es in Buenos Aires einen „Rheinauhafen“ gibt 😉 Nennt sich Puerto Madero, ist ein extrem chices Viertel und hat mich im ersten Moment wirklich an Köln erinnert, denn auch in Buenos Aires sind die alten Hafengebäude und Kräne restauriert und mit neuen, modernen Gebäude ergänzt worden.

Sehr enttäuschend war La Boca. Das Viertel hat den Ruf, eher gefährlich für Touristen zu sein, daher beschränkt sich ein Spaziergang dort auf drei Straßen. Dort flanieren dann alle zwischen den bunten Häusern – demzufolge blüht der Tourismus mit Tangovorführungen, Ins-Restaurant-Schleppern, Ständen mit allem Originalkitsch und Souvenirs made in China. Hin und Weg – und das im wortwörtlichen Sinne!

Unerwartet das Highlight: das Konzert von Rammstein. Nicole hatte die goldene Idee, Karten zu organisieren und so standen die Damen auf der Gästeliste und konnten durch einen separaten Eingang direkt auf die Tribüne flanieren. Das war sehr gut so, denn wie sich später herausstellte, gab es unten auf der Pista nur einen Eingang, durch den die Menschen hereinströmen konnten und Bilder von der Love Parade in Duisburg wurden wach. So kam es auch zu einer Unterbrechung des Konzerts, da die Situation zu eskalieren drohte und man erst dafür sorgen musste, dass die Leute im Pulk Luft und Platz bekommen konnten, bevor das Konzert weiterging. Rammstein haben ihrem Ruf, die Grillmeister der Metalbranche zu sein, alle Ehre gemacht. Und auch wenn ich kein Metalfan bin, war das Konzert extraklasse 🙂

Als dann, die 5 Tage Buenos Aires fühlten sich an wie Ferien in Europa. Schön und auch vertraut. Und haben dann auch einer Idee, eventuell in Buenos Aires die Abwesenheit von Deutschland um eine weitere Periode zu verlängern, ein Ende bereitet. Europa kann man auch in Europa haben. 😉 pe

STENCILS

trio

Was dem Paulistano das Graffitti, ist dem Buenos Airesser das Stencil, also das Sprühen mittels einer Schablone. Diese Kunst braucht in der Vorbereitung Zeit und Fingerfertigkeit mit dem Skalpell, aber einmal angefertigt, kann mit der Schablone ganz schnell – und dadurch im besten Falle unerkannt – ein Bild zigfach reproduziert werden, eine Botschaft zigfach transportiert werden. Und darum gehts!

Der Ursprung der Bewegung ist wohl in der Zeit des argentinischen Ausnahmezustandes von 2001 zu finden, als klassenübergreifende Proteste gegen die Regierung stattfanden, mit der Forderung: „Que se vayan todos!“ / „Alle sollen verschwinden!“ Gefordert wurde das Verschwinden aller politischen Parteien und die komplette Neustrukturierung des Landes. Zu dieser Zeit entstanden die ersten, politisch motivierten Stencils und sehr rasch explodierte die Bewegung.

Heute findet man Stencils fast an jeder Wand. Häufig überlagern sich die Motive – dort wo einer anfängt, gesellt sich bald ein Anderer dazu und so weiter. Hier ein Film zum Thema. Der ist zwar auf spanisch, aber man versteht auch so, worum es geht, wie es geht und was geht. pe

>>> zum Film

BOAS FESTAS VOL2

Zeitungleser01

Das Jahr geht zu Ende, wir machen es uns jetzt im Kreise unserer Lieben gemütlich – bei euch mit Schnee, hier ohne – und freuen uns auf ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Start in ein Neues, hoffentlich angenehmeres und leichteres Jahr mit positiven Begebenheiten, Erfolg und Glück.

Das letzte Jahr war warscheinlich für uns alle nicht einfach, viel hat sich verändert und sehr oft stand es im Zeichen des Tigers: Krallen ausfahren und kämpfen. Dabei vergessen wir manchmal, wie gut wir es eigentlich haben, denn jeder sitzt ja in der eigenen Soße der Befindlichkeiten – Vergleiche sind daher schwer zu ziehen.

Und ich mach es jetzt trotzdem mit dem Blick ins Wohnzimmer eines  vermeintlichen Zeitunglesers, der sich bei genauerem Hinsehen als Pappkartonlandschaft entpuppte und auf sehr reale Weise offenbart, wie viele Menschen leben müssen!

Boas Festas ihr Lieben! Pe&Jo

UMZIEHEN

Im Oktober haben wir bereits mit der Wohnungssuche begonnen. Nach guter, deutscher Tradition mit viel Vorlauf, um uns eine Meinung bilden zu können und natürlich um rechtzeitig an die guten Wohnungen in dem Viertel heranzukommen, das wir uns ausgesucht haben. Alles Käse! In Brasilien läuft das anders.

A) Es wird nicht gekündigt – das Wort Kündigung existiert im Brasilianischen nicht – wer hätte das gedacht – siehe brasilianisches Nein 😉 – man verlängert der Vertrag einfach nicht mehr und formuliert das in einem netten Brief an den Vermieter, bevor man das Weite zu suchen gedenkt.

B) Man kündigt – ach natürlich: verlängert den Vertrag nicht mehr – einen Monat vor Umzug. Das heisst, theoretisch beginnt die Phase der Wohnungssuche, wenn die alte Wohnung bereits nicht verlängert ist. Und auch erst dann nehmen Makler Notiz und fangen an, sich ein wenig zu kümmern. Oder dich mit deinem Anliegen, eine Wohnung zu finden, ernst zu nehmen.

C) Ist ein geeignetes Objekt via Internet enttarnt, wird das Interesse ausgesprochen und im besten Falle eine Vorreservierung vorgenommen. Ab dann hat man (laut Makler) genau 48 Stunden Zeit, folgende Papiere zu transferieren: Gehaltsbescheinigung, Visakartenauszug + Limit, Kontoausszüge der letzten drei Monate, Gas-, Wasser- und Telefonrechnungen um beweisen zu können, dass man in Brasilien lebt, diverse Formulare zur Person, zur Person des Ehegatten und der jeweiligen Eltern.

Des Weiteren braucht man in Brasilien eine Bürgen um eine Wohnung mieten zu können, der glaubhaft versichern muß, dass er im Falle des Nichtzahlenkönnes der Mieter flüssig genug ist, um die Rechnungen zu begleichen. In unserem Falle ist das die Schule bzw. eine Gesellschaft, die der Schule angehört. Auch hier werden reichlich Unterlagen benötigt, die die Solvenz des Bürgen unter Beweis stellen – bishin zur Unterschrift des Vorstandes und der Bilanz des Unternehmens. Also ein Wahnsinn an Papierkram, damit auch ja nix passieren kann und niemand behaupten kann, er hätte nix gewusst.

D) Liegen alle Unterlagen vollständig vor (was bei uns dann doch zwei Wochen gedauert hat), wird der Vorgang an den Vermieter weitergereicht und der sagt dann ja oder nein. In unserem Falle hat er heute ja gesagt – vier Tage bevor die Kündig … Nichtverlängerungsfrist abgelaufen ist. Puuuh!

E) Daraufhin begeben sich alle Mann in die Wohnung, um dort eine Abnahme vorzunehmen und bis ins Kleinste zu dokumentieren, wie der Ist-Zustand ist. Denn werden bei Auszug Mängel festgestellt, die vorher nicht da waren, muß der Mieter dafür aufkommen.

F) Verträge werden in der Regel für 30 Monate angesetzt. Zieht der Mieter vorher aus, muß er eine Multa – also Strafe zahlen, die sich auf Basis der Miete und der abgelebten Mietzeit berechnet. Wir werden also noch fett zur Kasse gebeten, da wir ja nur 15 Monate hier im Haus gewohnt haben. Aber das rechnet sich, denn der neue Mietzins ist nur halb so hoch wie der zur Zeit anfallende.

Als dann, Ende gut alles gut und schnell auf Holz geklopft – wer weiß, was noch kommt??? pe