SEXTA OP D’R ECK

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Sexta-feira (sprich: sessta) bedeutet einfach nur Freitag. Freitag hat bekanntermaßen nicht nur für den durchschnittlichen Brasilianer eine überaus wichtige Bedeutung, sondern auch für den Rest der Welt. Während die einen sich an einem Freitag religiösen Pflichten  unterziehen, hat der Freitag für den Brasilianer (und natürlich für viele andere auf der Welt) eher profanen Charakter. Denn eine Woche Arbeit ist vorbei und nun kommt die Zeit der Erholung.

Während unsereiner (meistens) sich zuerst einmal nach Hause begibt, sich etwas ausruht, gemeinsam mit den Lieben das Wochenende plant, verliert der Brasilianer speziell der Paulistano  hingegen keine Zeit (zumal auch schon dessen Heimfahrt an einem Freitag unter Umständen schon ca. drei Stunden dauern kann). Spätesten um 19 Uhr sind die Lanchonetes in unmittelbarer Nähe der Büros und sonstigen Arbeitsstätten voll, und das heißt wirklich voll.

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Ebenso schnell ist der erholungsbedürftige Brasilianer auch voll, denn vor allem das Bier fließt in Strömen (man trinkt hier doch eher viel Bier und weniger Caipirinha, Klischee lässt grüßen). Interessant sind auch die Deckel, die getrunkenen Flaschen lässt man so lange stehen, bis man bezahlt. Und heimlich wegräumen oder auf einen anderen Tisch schmuggeln, das gibt es hier nicht.

Zwischen 22 und 23 Uhr ist der Tanz vorbei, der Brasilianer möchte nach Hause, denn das Wochenende muss ausgenutzt werden: Samstagmorgen Sport, nachmittags Feijoada (Bohnen, Reis und stundenlang gekochte Schweineinnereien, -ohren,- schwänze und -füße, hmmm, lecker, koch ich euch mal, wenn wir wieder in der Heimat sind :-)) mit Bier und Caipirinha, dann ausruhen und verdauen, dabei Fussball schauen. Spät abends auf die Piste und solange durchhalten, wie es geht, mit oder ohne Hilfsmittel – meist bis Sonntagnachmittag. (Sehr häufig gehts mit dem eigenen Wagen nach Hause, das mit dem Alkohol am Steuer sieht der Brasilianer nicht so eng.) Was für ein Programm…

Die Bilder stammen von der Lanchonete in unmittelbarer Nähe zu unserem alten Haus, sozusagen „Op d‘ Eck“. Jo

NET #2

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To be continued, hab ich beim letzten Artikel über NET (NETSCHIE) geschrieben – ahnte damals allerdings noch nicht, dass wir noch einmal umziehen werden und damit die ganze Chose von vorne beginnt! Als dann …

1. Umzug ist erfolgt, Besuch bei NET vor Ort, neue Adresse durchgegeben und Änderungen besprochen. Im Klartext: a) Kündigung des zusätzlichen Telefon- und Internetanschlusses. b) Techniker soll bitte vorbeikommen und TV, Telefon und Internet anschließen, Zeitfenster nachmittags!!! c) Änderung des Leistungspaketes (das geht erst, wenn Techniker die Basisinstallation vorgenommen hat. Doof – weil man muß nochmal hin)  ///

2. Techniker kommt abends und schließt TV und Telefon an. Internet klappt nicht, da im Viertel zur Zeit kein Netz ///

3. Am nächsten Tag immer noch kein Netz – Anruf bei NET wegen neuen Termins (kompliziert, weil durch drei Instanzen weitervebunden wird – aber immerhin: das können wir jetzt selber!) ///

4. Techniker kommt 3 Tage später und schließt Internet an. Sagt, sein Vorgänger hätte einen Fehler gemacht ///

5. Bis dahin alles ok – WLAN überall in der Wohnung möglich  ///

6. Erneuter Besuch bei NET, um nun wie besprochen das Paket zu ändern. Gewünscht: weniger TV-Kanäle und Erhöhung der Leistung von 6MB auf 10MB. Neuer Besuchstermin wird vereinbart ///

7. Techniker kommt – ist aber nur für TV zuständig und schließt neues NET-Modem an – Teile der Programme jetzt in HDTV (feine Sache) ///

8. Andere Techniker (diesmal 2 Mann) kommen etwa 1 Stunde später und checken den Internetanschluß. Stellen fest, dass der zweite Intenetzugang noch nicht abgemeldet ist. Versprechen, dass sie das an NET weiterleiten ///

9. Zwei Tage später wird das Netz lahm – nur noch eingeschränkt WLAN möglich ///

10. Erneuter Anruf bei NET und Vereinbarung eines Termins ///

11. Mitarbeiter kommt zwei Tage später und prüft die Verbindung. Sagt, es läge am WLAN-Router und er könne nichts machen. Wir sagen, das er vorher noch bestens funktioniert hat – selbst mit 6MB. Er kann nichts machen ///

12. Anderer Mitarbeiter kommt kurze Zeit später (Rosenmontag, morgens um 9h, unanfgefordert) und will den NET-Router mitnehmen sowie das Internet abklemmen ///

13. Wir können ihn davon abhalten und erklären die Situation. Er vereinbart neuen Techniker-Termin zur Überprüfung der Leitung und des Signals, da er nur für das Abklemmen von Leitungen zuständig ist. Jo sagt, ich sei nicht nett gewesen ///

14. Internet-Zugang liegt nach Abgang des Technikers lahm, funktioniert erst nach einiger Zeit wieder ///

15. 8ter Techniker war gerade da. Ergebnis: a) Wir haben eine 10MB starke Verbindung, aber der WLAN Router scheint dem nicht mehr gewachsen? Warum weiß er nicht. Idee: Es gibt in der Gegend wohl „NEUE“ Interferenzen. b) NET ist nicht für WLAN-Router verantwortlich (obwohl der Techniker netterweise eine neue IP-Adresse vergeben hat – was aber auch nichts an der Situation ändern konnte). Empfehlung: Neuen WLAN Router kaufen – nicht NETGEAR, sondern D-LINK mit 3 Antennen ///

16. Unsere letzte Idee, nämlich dass wir beim Einzug vielleicht vorrübergehend noch über die Leitung unserer Vormieterin ins Internet gegangen sind und dass diese evtl. 50MB stark war, hat sich nach Abklärung nun auch nicht als Lösung ergeben. Das waren nämlich nur 3MB und alles lief einwandfrei 17. Das Problem ist nicht gelöst , aber jetzt muß es ohne NET gehen! pe

SELBSTVERSUCH REGEN + STRAND

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Das Wetter in São Paulo bietet seit etwa drei Wochen keinen Anlass zur Freude. Es ist zwar nicht kalt, aber es regnet häufig und es ist trist und grau. Daher haben wir uns gedacht: Wenn man schon das Grau nicht ändern kann, dann wenigstens das Umfeld und sind gestern ans Meer nach Guarujá gefahren.

Guarujá liegt auf einer Insel, die etwa 90 km von São Paulo entfernt ist. Nur ein kleiner schmaler Kanal trennt sie vom Festland. Daher stammt auch der indigene Name: schmale Passage = Guaru-ya. Weil man von São Paulo so schnell dort ist, blüht die Strandkultur, um dem Brasilianer eine feine Zeit zu bereiten. Es gibt viele verschiedene Strände – von HalliGalli bis Fischerdorf – von Stadtstrand bis Natur. Es finden sich Strandbuden, Restaurants, Kitsch- und Kremepelläden in ausreichender Anzahl. Also alles so, wie es sich der Brasilianischer wünscht. Wenn die Sonne scheint.

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Aber eben das tat sie nicht. Dennoch – mit dem festen Vorsatz „auch bei schlechtem Wetter ists schön am Meer – wir sind doch keine Weicheier“ und dem Gedanken im Hinterkopf „die Nordsee funktioniert ja auch bei jedem Wetter“ sind wir allen Unkenrufen und dunklen Wolken zum Trotz Richtung Strand losspaziert. Die Wellen waren hoch und toll, die Surfer schwer aktiv, der Strand schön und rau. Das Dosenbier war gut gekühlt, Schirmchen und Liegestühle perfekt ausgerichtet und einem trägen Nachmittag stand nichts im Wege. Haben wir gedacht 😉

Keine halbe Stunde später folgendes Bild: Orkanartige Böen, prasselnder Regen, verlassene Liegstühle und ein paar rote Schirmchen, unter denen sich traubenförmig Menschen zusammengerottet haben, im Versuch, sich und die Habe halbwegs trocken durch das Unwetter zu bringen.

„Nein, ist nicht kalt“. „Neiiiiiiin, ist doch nur Wasser“. NEEEIIIIIIIIN, MÖCHTE KEIN BIER MEHR“!

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Nachmittags insofern Besserung der Lage, dass es im Auto erfahrungsgemäß nicht regnet und wir ausreichend Zeit hatten, die verschiedenen Strände auf der Insel anzufahren und mal zu gucken, was da so geht. Es gab denn auch ein Überraschung, denn am großen Stadtstrand von Guarujá fand ein Freestyle-Paragliding-Wettbewerb statt und das war schon spannend, die Kunststücke zu sehen, die die Jungs da aufgeführt haben.

Hier ein kurzer Film:

Heute morgen dann, entgegen unsere vagen Hoffnung, noch einen Tag ohne Regen am Meer verbringen zu können, leider Ernüchterung: Dauerregen – Grau! Daher gabs statt Strand die Autobahn Richtung nach Hause ins Trockene. In São Paulo schien sogar gemeinerweise ein kleines Bißchen die Sonne, als wir dort ankamen.

Als dann: Das machen wir nicht mehr. Wenn die Wettervorhersage über 70% Regenwahrscheinlichkeit an der Küste prognostiziert, bleiben wir schick daheim. Denn bei allen Schönfärbungsversuchen: Der Strand macht bei Regen einfach keinen Spaß, weder hier, noch an der Nordsee, noch sonstwo 😉 pe

HIGIENÓPOLIS

Architektur in São Paulo = die Herren Oscar Niemeyer, Lina Bo Bardi und Paulo Mendes da Rocha in Sachen Moderne – sprich Beton in allen Variationen (sehr vereinfacht ausgedrückt). Und Rui Ohtake für seine ungewöhnliche und dynamische Architektur (siehe zum Beispiel das Hotel Unique oder das rot-blau gestreifte Ohtake-Building).

Da hab ich meine Rechnung bisher ohne Higinópolis gemacht – dies ist kein Architekt, sondern ein Bairro von São Paulo. Ende des 19 Jhds sammelte sich dort die Highclass São Paulos und erschuf einen Stadtteil, der im Kontrast zum Centro große und breite Straßen hatte, über einen ordentlichen Baumbestand verfügte, sehr ruhig und reinlich war und daher seinen „sauberen“ Namen Higinópolis erhalten hat.

Mitte der Vierziger bis Ende der fünfziger Jahre wuchs der Stadtteil in die Vertikale. Verantwortlich für die, bis heute bemerkenswertesten Gebäude dort, zeichneten sich zwei Architekten, die ebenfalls durch die Moderne inspiriert waren: der Paulistano João Artacho Jurado und der Deutsch-Brasilianer Adolf Franz Heep.

Ersterer baute 1952 in Higinópolis das erste brasilianische Condomínio mit Freizeitcharakter – das Edifício Bretagne. Er integrierte ein Schwimmbad, Spielplätze, Leseräume, einen Tee- und Musiksaal sowie eine Piano-Bar. All das für jedermann im Haus nutzbar. In seiner Architektur huldigt er Oscar Niemeyer, doch versucht er eine ornamentale und farbige Annäherung an die Gebäude Niemeyers. Derart, dass seine Gegner das Edifício Bretagne als ein „von Oscar Niemeyer entworfenes Barbiehaus“ bezeichnet haben. Das selbe Gebäude wurde übrigens vom Wallpaper-Magazin als jeniges welches beschrieben, indem es sich seinerzeit weltweit am besten leben lassen sollte.

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Zweiterer, der Herr Heep, stark von Bauhaus geprägt und Mitarbeiter von Corbusier, zeichnet sich verantwortlich für zwei bemerkenswerte Gebäude. Das Edifício Lausanne (1950) in Higinópolis (siehe Bild ganz oben), berühmt für die Farbgebung der Fassade mit den Holzfensterläden und das Edifício Italia im Centro (1965) – zweitgrößtes Gebäude der Stadt mit 165m, direkt neben Niemeyers „Copan“, touristische Sehenswürdigkeit. Letzteres wohl eher wegen der auf dem Dach ansässigen Bar + Restaurant mit fantastischem Ausblick.

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Ein Rundgang durch Higinópolis ist mit einer architektonischen Zeitreise ins São Paulo des 20 Jhds zu vergleichen, da jedes Jahrzehnt hier seine deutlichen Spuren hinterlassen hat. Higinópolis war immer schon reich und intellektuell und das ist es auch heute noch – also die perfekte Voraussetzung für die Erschaffung von Besonderem. Daher darf man wohl besonders gespannt darauf sein, welche zukünftigen Klassiker dort gerade entstehen. pe