WERS GLAUBT …

Religion in Brasilien – ein weites Feld und ich fühle mich kaum in der Lage, das alles auseinander zu puzzeln, geschweige denn, fundiert zu erklären. Dennoch ist das Thema Religion oder Spiritualität hier allgegenwärtig und auf unserer Reise gab es viele Momente, in denen wir Glaube, Aberglaube oder Mystik begegnet sind. Als dann, versuche ich es mal …

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KATHOLIZISMUS

Zuerst erstaunt die große Anzahl von barocken Kirchen, die vor allem in Salavdor und Ouro Preto das Stadttbild prägen. Zu verdanken hat das der Brasilianer dem Portugiesen, denn er war es, der den Katholizismus im 16. Jhd. im Zuge der Kolonialisierung Brasiliens mitgebracht hat und natürlich Gotteshäuser zur Ausübung der Religion brauchte.

Äußerst praktisch war in dem Zusammenhang, dass Ende des 17. Jhds. im heutigen Bundesland Minas Gerais Gold gefunden wurde und man nun in der Lage war, es a) im großen Stile abzubauen, wozu afrikanische Sklaven ins Land entführt wurden, die dann zu Tausenden in den Minen verschlissen wurden und b) die Gotteshäuser als prächtig als möglich mit Gold auszustatten. Goldüberzogene Hochaltäre, Säulen, Putten, Bildchen und Gedöns – herrlich, wenn man Spaß an Prunk hat. Daher zu empfehlen: Die Igreja de São Francisco in Salvadors Altstadt, die in diesem Sinne das goldigste ist, was ich bisher gesehen habe.

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CANDOMBLÉ

Durch die Einfuhr der Sklaven vermasselte man sich allerdings das Monopol des Katholizismus, denn sie brachten ihre eigenen Gottheiten, genannt Orixas, mit. Das sah der Portugiese gar nicht gerne und verbot die pure Ausübung der afrikanischen Religionen, tolerierte es aber, wenn sie sich eines kleinen Tricks bedienten, nämlich der Tarnung unter dem Deckmantel des katholischen Glaubens. So ist z.B. Oxalá, Sohn der höchsten Gottheit Olorún, der die Schöpfungsenergie verkörpert, gleichgesetzt mit Jesus, Iemanjá, die Meeresgöttin, mit der Jungfrau Maria.

Diese Mischung existiert bis heute unter dem Namen Afro-Brasilianische Religion und die wichtigste ist wohl der Candomblé, der noch bis in die 70er Jahre des 20. Jhds. in Brasilien verboten war. Wir waren daher kaum verwundert, als man in einer katholischen Kirche in Salvador um Besucher für eine Candomblé-Zeremonie warb. Wir haben es uns auch angeschaut – 4 Stunden hat das Ritual gedauert – mit Trommeln, Tänzen, Trance, wunderbaren Kostümen. Sehr interessant und empfehlenswert. Hier ein kurzer Film

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IGREJA DO BONFIM

Ein besonderer Fall des afro-brasiliansichen Glaubens ist die Franziskanerkirche Igreja do Bonfim, im Candomblé Oxala gewidmet, im Katholizismus Christus. Bonfim bedeutet gutes Ende. Es ist das wichtigste Gotteshaus Salvadors und selbst Papst Johannes Paul II hat es 1997 besucht. Jedes Jahr im Januar werden bei einem Ritual die Stufen hoch zur Kirche von weißgekleideten Frauen gereinigt, um für erfahrene Gnade zu danken oder um Hilfe zu bitten.IMG_6701

Vor der Kirche werden bunte Stoffarmbänder, die sogenannten Fitinhas verkauft, die mit drei Knoten, die drei Wünsche symbolisieren, um das Handgelenk gewickelt werden, alternativ für den modebewussten Brasilianer um den Zaun vor der Kirche. Die Wünsche gehen erst in Erfüllung, wenn das Band von allein abfällt. Abschneiden bringt Pech und so hoffe ich, dass an dem Glauben nix dran ist, denn ich hab mein Bändchen nach einer Zeit abgeschnitten, weil es zu eng gebunden war. Aber pssst, ist sicherheitshalber noch eins am Zaun!

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In der Kirche dann ein weiters Mysterium – die Ex Votos. Das sind Nachbildungen aller möglichen Körperteile, früher aus Holz, heute aus Wachs, die in einem Nebenraum der Kirche aufgehängt werden, verbunden mit dem Wunsch um Besserung oder Heilung, oder was eben so ansteht. Geht der Wunsch in Erfüllung, werden Dankesgaben gebracht und so ist im angrenzenden Museum eine wahre Fülle an verschiedensten Dingen zu bestaunen – Fußballtrikots legendärer Kicker, Füller von Politikern, Goldschmuck von Diven und so weiter. Rund um die Kirche kann man in kleinen Souvenirläden Ex Votos erwerben und ich hatte nicht übel Lust, ein Körperteil zu kaufen. Habs aber nicht gemacht – man soll sich ja nicht lustig machen.

FREIKIRCHEN

Auch wenn Brasilien zahlenmäßig noch die grösste katholische Gemeinde weltweit ist, geht der Anteil der Mitglieder zurück. Viele zieht es in die evangelikalen Freikirchen, Pfingstkirchen oder zu Sekten. Vor allem in den Armenvierteln scheinen diese Gemeinden zu boomen. Diese Kirchen sind nicht ganz unumstritten, da ihnen Profitmacherei via Glaube vorgeworfen wird.

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Den neuen Evangelikalen haben wir zufällig auf Buzios bei einem ihrer Rituale zugesehen. Eigentlich wollten wir zum Baden an einen kleinen Strand, ein bißchen Abgeschiedenheit und Ruhe suchen und waren gar nicht amused, als auf einmal wahre Ströme von weißgekleideten Menschen eben selbigen Strand aufsuchten.

Doch Empörung wich rasch Interesse, denn es handelte sich um eine kleine Kirchengemeinde, die das Ritual der Reinigung der Seele durchführte. Dazu stiegen drei Priester ins Wasser und tunkten nacheinander zu reinigende Mitglieder unter, die darauf hin auch sehr beseelt und fröhlich das Wasser verließen. Die restliche Gemeinde sang derweil freikirchliche Kirchenlieder. War lustig, dem zuzusehen, wobei ich mir ein wenig Sorge um die Gesundheit  der drei Herren im Wasser machte, denn das Ganze dauerte fast zwei Stunden. Boah – Kalt!

CAHANCA

Meine Lieblingsfigur in Sachen Glaube oder Aberglaube ist allerdings der Cahanca. Früher wurde diese Figur, ähnlich den Gallionsfiguren, vorne an den Bootsrümpfen angebracht und diente zum Schutz des Bootes und zur Vertreibung von Bösem. Daher war der Cahanca auch keine dralle barbusige Dame, sondern ein sehr grimmig blickender Geist, gerne auch mit Löwenkopf, der große Fangzähne hatte und nicht betören sondern abschrecken sollte.

Heute findet man Nachbildungen dieser Figur häufig im Eingang brasilianischer Häuser, der Zweck ist der Gleiche geblieben. Und so Einen mussten wir natürlich auch haben, damit er immer fein aufpasst. Schadet ja nicht.

Gefunden haben wir unseren „Hank“ auf dem Markt São Joachim in Salvador, einer Empfehlung unseres Wirtes folgend. Wir waren nicht so sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, als Ausländer diesen Markt zu besuchen. Kleine Gassen, Gewusel, Enge, Geruch und der etwas befremdete Blick der Einheimischen ließen den Besuch anfangs auch zu einem eher merkwürdigen Vergnügen werden.

Aber wir haben uns nicht einschüchtern lassen und irgendwann stand er dann in einer Ecke, genauso, wie wir ihn uns gewünscht hatten und zu einem gnadenlos fairen Preis. Der sollte es dann auch werden und ich möchte euch im Rahmen dieses Artikels über Glaube und Aberglaube nicht vorenthalten, dass mein Gatte nachts, bevor wir zum Markt gingen, geträumt hatte, dass wir „unseren“ Hank an einer besonderen und sehr abgeschiedenen Stelle finden würden 😉 pe

UND TÄGLICH GRÜSST …

… dr Dom! Keine Ahnung, was den Copyshopbesitzer geritten hat, ausgerechnet ein Foto vom Dom als Werbung über sein Geschäft zu pinnen – außer natürlich, dass es sehr hübsch ist und farblich perfekt zum Anstrich des Hauses passt. Kölsche Vorfahren? Oder Urlaubserinnerungen, oder …? Jedenfalls kommen wir mehrmals in der Woche daran vorbei und kommen nicht umhin, hinaufzuschauen und uns über den Gruß aus der Heimat freuen! pe

VICE VERSA

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Das „Auf-dem-Kopf-Panorama“ von São Paulo kennt ihr aus dem alten Bloglayout. Das Foto entstand 2006, als ich Thomas und Verena zum ersten Mal besucht und dazu im Hyatt gewohnt habe, etwa dort, wo die Pfeilspitze endet. Fast genau 5 Jahre später nun der Gegenschuß, aus dem 16ten Stock in Brooklin. Danke Esther, war schön! 🙂 pe

EINE BESONDERE SITUATION

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Schon häufig haben wir uns hier mit der Frage auseinandergesetzt, wie gefährlich es in São Paulo wirklich ist. Wir persönlich empfinden keine unmittelbare Gefahr, wenn wir uns per pedes auf den Straßen bewegen, für manch Andere ist so etwas undenkbar. Auf die Frage, ob es in São Paulo eine Art kollektiver Angst gäbe, bekamen wir neulich eine bejahende Antwort. Denn trotz des Rückgangs der „harten“ Kriminalität seit Anfang des 21 Jhds hat sich die Angst vor Überfällen oder Morden fest in den Köpfen verankert – da ändern auch die positiven Kriminalstatistiken nichts.

Kollektive Angst in Deutschland? Vielleicht vor der Finanzkrise, aber doch sicher nicht vor Überfällen auf der Straße. Wir alle sind zum Glück anders sozialisiert und empfinden eine große und selbstverständliche Freiheit, wenn wir uns in der Öffentlichkeit bewegen. Oder? Diese Freiheit empfinde ich auch und so bin ich letzte Woche losspaziert, um bei uns im Veedel einige Street-Art-Wände für ein Projekt zu fotografieren. Der IPod war auf den Ohren, die Kamera schussbereit in der Hand und die Augen nur auf die möglichen Motive an den Wänden gerichtet. Ganz normal.

Beim Überqueren eine Straße registrierte ich einen Motoradfahrer, der mich musterte. Kurze Zeit später, ich stand gerade in einer relativ ruhigen Gegend, konzentriert auf ein Motiv, kam besagter Motoradfahrer wieder, hielt neben mir und sprach mich an.

Da die Musik ziemlich laut war, konnte ich kein Wort verstehen, dachte aber, der Typ wolle mich anmachen, denn er hatte vorher ziemlich dreist gestarrt. Daher schüttelte ich nur den Kopf, sagte deutlich aber freundlich NÃO (Nein) und ging weiter um die nächsten Motive zu finden. Und ließ ihn stehen, ohne mich umzudrehen – ein klares Signal, nicht weiter gestört werden zu wollen! Ich hab dann auch nicht weiter darüber nachgedacht, bis der Typ wieder auftauchte. Er stand in einiger Entfernung und schaute zu mir herüber, bevor er Gas gab und weiterfuhr. Zum Glück waren viele Menschen unterwegs, sodass ich mich relativ sicher fühlte, obwohl ich ihn bemerkte. Dennoch war mir die Situation nun nicht mehr ganz geheuer und so entschloss ich mich, ruhig aber bestimmt, den Heimweg anzutreten.

Die kürzeste Strecke war parallel zu einer 4-spurigen Schnellstraße, die dann quasi freestyle überquert werden musste, bevor die Treppe zu unserer Straße kam. Kurz vor dem Überqueren, dazu musste ich ein Stück über einen unbefestigten Weg gehen, registrierte ich den Motoradfahrer wieder, nun schon sehr nah hinter mir und da war mir klar: Der will defintiv irgend etwas von dir und der gibt auch nicht auf!

Ich bin rasch über die ersten beiden Spuren, er schaute mir nach wendete und gab Gas und ich wusste, dass er auf die Schnellstraße kommen und mich noch abpassen konnte wenn er fix genug war und eine günstige Ampelphase erwischte. Die brauchte ich aber auch, denn ich war nun auf dem Mittelstreifen und wartete die letzten Autos ab, bevor ich die beiden anderen Spuren, auf denen auch der Motoradfahrer hätte kommen können, überquerte. Da ging mir der Puls und ich fühlte das erste Mal Angst, dass ich es nicht schnell genug schaffen könnte. Wie ein Fuchs bei der Treibjagd. Aber ich war schneller, bin dann die Treppe hoch in unsere Straße und zügig nach Hause und war sehr froh, dass gerade wieder Passanten auf der Straße waren, ich also nicht allein war. Puuuhhhh – in Sicherheit!

Kurz vorm Eingang zu unserem Condominio war er da! Direkt neben mir. Er musste mich gesehen haben und irgendwie von der Schnellstraße aus den unbefestigten Trampelpfad neben der Treppe hochgekommen sein. Er streckte die Hand aus, schaute mich mit verquollenen Augen an und sagte „Camera“. Ich reagierte reflexartig mit „MINHA“ (Meine) und einem bösen Blick und das reichte zum Glück. Er gab Gas und verschwand so schnell, wie er gekommen war.

Erst zuhause, als ich Jo erzählte, was gerade beinahe passiert war, registrierte ich die Brisanz der Situation und was ich für ein Glück hatte. Wenn er gewollt oder über eine Waffe verfügt hätte, hätte ich zumindest beim ersten Versuch seinerseits keine Chance gehabt. So aber, durch die unglaubliche Ignoranz und Angstfreiheit, die ich ihm gegenüber ausstrahlen musste, da ich ihn ja akustisch nicht verstanden und nicht im Traum angenommen hatte, überfallen zu werden, war ich ein ernstzunehmender Gegner und er änderte die Taktik, um mich einzuschüchtern.

Vielleicht gings auch nur um Dominanz, denn ich verstehe bis jetzt nicht, warum er mich beim ersten Versuch nicht attakiert hat. Zum Glück war er nicht jähzornig, denn genauso gut hätte er sich provoziert fühlen können. Hier wird immer geraten: Wenn du überfallen wirst, gib einfach alles heraus und verhandle nicht! Dafür würde ich auch in jedem Fall plädieren! Nur: Dazu muss ja erstmal klar sein, dass man überfallen werden soll 😉 … Tschuldigung, aber das hat alles trotzdem eine gewisse Komik.

Jetzt bin ich um eine Erfahrung reicher und ganz dankbar, dass mein instinktives Verhalten offenbar in diesem Fall richtig war. Dennoch: Solche Touren, also ganz allein mit IPod und Kamera auf der Straße herumdümpeln und in aller Seelenruhe Wände fotografieren, gibts für mich nun leider nicht mehr. Da nehm ich mir demnächst den Jo mit. pe

BEIJA-FLOR #2

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Was für eine schöne Überraschung! Vor ein paar Tagen habe ich ein kleines, etwa hühnereigroßes Nest hinter unserem Schiebefenster entdeckt, das mir vorher noch nie aufgefallen war. Aber kein Wunder, denn diesen Teil des Fensters hatten wir jetzt eine lange Zeit verschlossen, da es so kalt war. Heute morgen habe ich es Jo gezeigt und noch während wir darüber nachdachten, welchem Tier wir das wohl zu verdanken haben könnten, flatterte eine Kolibri-Mom vor und setzte sich drauf. Dä!

Jetzt heisst es ganz vorsichtig sein (trotz sehr guter Pirsch-Quallitäten >>> siehe Artikel ) und das Schiebefenster schön geschlossen halten, damit wir die Mom nicht vertreiben. Dazu habe ich einen alten Zahnarztspiegel als Spionagegerät bereitgelegt, mit dem ich nun den Stand der Dinge verfolgen kann. Herrlich 🙂 pe

20 TAGE

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Weg sind se 🙁 Gestern wollte ich ein neues Update-Foto machen, denn die beiden saßen bereits seit zwei Tagen auf dem Nest und sahen schon ziemlich „fertig“ nach Kolibri aus. Als ich das Fenster aufschob, gab es mächtig Geflatter! Sissi wählte den direkten Weg die Wand herunter, was ziemlich nach Absturz aussah und Franzerl flatterte erstmal souverän nach hinten, bevor er sich seinem Geschwister anschloss.

Die Suche in den Blumenrabatten vor dem Haus ergab zum Glück keine kleinen Vogelleichen, sodass wohl davon auszugehen ist, dass die beiden es auf den nächsten Baum oder sonst wohin geschafft haben. Puuuhhh! Die spontane und ungewollte Nestflucht war leider etwas früh, aber spätestens in 7 Tagen wären sie wohl von allein losgeflogen, denn die Brutzeit dauert normalerweise 4 Wochen. Damit tröste ich derzeit mein schlechtes Gewissen.

Die Mutter suchte gestern noch eine Weile unter lautem Gepiepse die Fenster ab – heute morgen war sie nicht mehr da.

Alles Gute Sissi und Franzerl :-)! pe

BALD IST WEIHNACHTEN

São Paulo macht sich für die Feiertage parat und das geht auch an unserem Condominio nicht spurlos vorbei. Seit Tagen werden Lichterketten und Lampen verkabelt, künstliche Tannengirlanden an den Eingängen drapiert und einen mechanischen Santa werden wir auch bald auf der Wiese haben, der den Deckel von einer Kiste abhebt, in der ein Schneemann wohnt. Jawohl! Alles wird mit ganz viel Sorgfalt und Liebe zum Detail hergerichtet und ich finde es ganz rührend, daher kann ich euch nicht den Blick vorenthalten, den wir neuerdings morgens haben, wenn wir den Aufzug verlassen! pe

AUF EIN NEUES

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23 Grad, kein Regen und freundliche Aussichten – so darf das neue Jahr in São Paulo gerne beginnen! Wir fanden es sehr schön in Deutschland und haben uns gefreut, all die Lieben wieder zu sehen. Dankeschön für die gute Zeit! Es hat auch dieses Mal leider nicht mit allen geplanten Treffen geklappt, aber da wir jetzt nur noch ein halbes Jahr hier bleiben, ist die Zeit ja nicht mehr so lang und man sieht sich „jetzt in Echt“ im SOMMER! pe & jo

JUTE STATT PLASTIK

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Na soooo weit ’simmer‘ hier noch nicht, aber immerhin hat es jetzt eine weitgreifende ökologische Entscheidung gegeben: Seit dem 25.01.2012 dürfen in den Supermärkten São Paulos nicht mehr die kleinen Wegwerfplastikbeutel ausgehändigt werden. Bisher wurde großzügig mit den kleinen Beuteln umgegangen – teilweise landete nur ein Produkt darin, da die Packer die Angewohnheit haben, die Waren inhaltlich voneinander zu trennen. Da wäre niiiiiemals ein Shampoo neben einem Paket Käse gelandet – Nein Pfui. So kam es schon mal vor, dass man mit 10/20 dieser kleinen Tüten zu Hause ankam.

Stattdessen gibt es nun recyclete große Tüten, die man kaufen muss. Die ersten Protestaktionen haben prompt stattgefunden. Verbraucher fordern, dass die Supermärkte die neuen Beutel kostenfrei breitstellen, die Gewerkschaft der chemische Industrie sieht im Verbot lediglich den Wunsch der Märkte, die eigenen Gewinne zu steigern. Und das „nationale Institut zur Verteidigung der Konsumenten“ (toller Name!) ist in Sorge, dass die Handelsunternehmen nun gezwungen werden könnten, ihre Waren transportfähig anzubieten, wenn die Verbraucher sich weigern sollten, die Beutelchen zu nutzen. Diese wiederum nehmen einfach alte Pappkartons, die sie selber mitbringen und recyclen so auf ihre Weise. Also viel Lärm um nichts!

Wir haben unsere, schon vor Monaten erstandene, Einkaufstasche und fallen nun nicht mehr auf, wenn wir die Einpacker an den Kassen bitten, diese zu benutzen. Ein wenig Widerwillen gibt es immer noch bzgl. der Zusammenlegung unterschiedlicher Nahrungsgruppen, aber ich bin zuversichtlich: Das wird schon!

Ein kleines bißchen trauere ich den Beutelchen allerdings schon hinterher, denn die waren irre praktisch, um damit die kleinen WC-Eimerchen auszukleiden, die benötigt werden, um das WC-Papier darin zu entsorgen. Einfach ab- und wegspülen ist nicht, denn dann würden die maroden Abwasserleitungen rasch verstopfen und was dann folgt, will kein Mensch. Jetzt werde ich mich mal auf die Suche nach einer Alternative machen, bzw. heute erstmal meine Sprachlehrerin Lena befragen, was sie über das Thema denkt und wie sie nun mit dem Beutelchen-Problem umgeht. pe

ROGER

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Manchmal ergibt ein Foto rückwirkend Sinn. Diesen Obdachlosen habe ich vor etwa einem Jahr im Centro in São Paulo fotografiert, tief schlafend inmitten seiner Hunde. Heute lese ich bei Facebook, dass der Mann Roger heisst, aus Bahia stammt, auf den Straßen von São Paulo lebt und Straßenhunde aufnimmt – mittlerweile hat er zehn. Er ist wohl sehr beliebt in seinem Viertel und erhält ausreichend Spenden, die er primär für die Versorgung der Tiere einsetzt. Und jetzt verstehe ich auch das Graffiti hinter ihm auf der Wand! Danke Bine für die Info! pe

WENN …

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… an einem ganz normalen Samstagnachmittag im März ein Haufen Dudelsack spielender Männer in Schottenröcken mitten durch Vila Madalena spaziert, kann es sich eigentlich nur um eine Veranstaltung anlässlich des St. Patrick’s Day handeln. Und so war es dann auch. pe

CAPOEIRA

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Es kommt nicht häufig vor, dass man auf den Straßen São Paulos zufällig eine Gruppe Capoeira-spielender Menschen trifft, obwohl der Sport ja in Brasilien sehr verbreitet ist, aaaaber am Samstagnachmittag hatten wir dieses Glück. Angezogen von den Klängen eines Berimbau (das Instrument, auf dem die begleitende Musik zum Capoeira gespielt wird … siehe Film weiter unten), sind wir in einem Innenhof gelandet und dort traf man gerade die letzten Vorbereitungen zum Start der Show der Grupo Senzala, São Paulo. Perfekt!

Für diejenigen, die Capoeira nicht kennen: Dies wird als brasilianische Kunstform beschrieben, die Tanz, Spiel und rituelle Kampftechnik miteinander verbindet. Die Wurzeln gehen auf die afrikanischen Sklaven zurück, die diese Sportart in Brasilien entwickelt haben. Seit Mitte des 18ten Jhds ist Capoeira bekannt.

So läufts ab: Gespielt wird Capoeira in der typischen Roda (Runde, Kreis). Alle Teilnehmer stehen im Kreis, an einer Stelle versammeln sich die Berimbau-Spieler. Zwei Capoeiristas treten aus dem Kreis hervor, hocken sich vor die Musiker, geben sich die Hand und dann gehts los. Das Spiel wird mit einem Radschlag eröffnet, dann erfolgt eine Art getanzter Dialog mit Offensiv- und Defensivbewegungen. Wie intensiv der Dialog ausgeführt wird, ob er freundlich oder kämpferisch ist, entscheiden die Beiden selber (und natürlich die körperlichen Fähigkeiten).

Am Ende gibt es keinen Gewinner, sondern der Dialog wird einfach beendet. Möchte ein anderer Capoeirista in das Spiel eingreifen, streckt er einen Arm zwischen die Spielenden und hält die Handfläche demjenigen zugewandt, mit dem er weitermachen möchte. Der Andere zieht sich zurück und das Ganze geht in einer neuen Kombination weiter.

Je nach Fitness kann die Sache eher ruhig verlaufen, aber auch extrem akrobatisch. Dazu anbei ein Film, wo ihr einen Spieler sehen könnt (der mit dem blauen Shirt) der einmal einen ruhigeren Dialog führt … und danch gaaaaanz anders :-). Also wenn ich nicht „Rücken“ hätte, ich hätte mich schon lange in einer Schule angemeldet, so toll finde ich diesen Sport. Seht selber …! pe

ÁGUAS DE ABRIL

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Das fing eigentlich ganz harmlos an: erst ein paar Blitze, Donner und leichter Regen, dann etwas stärkerer Regen und schließlich das hier. Aber einen echten Fußballfan kann auch „Kneipe-unter“ nicht sonderlich schocken und so wurde nach kurzem der Fernseher im Inneren unserer Liebelingsboteca São Cristovão wieder in Betrieb genommen und das vorgezogene Meisteschaftsfinale zu Ende geguckt. pe

Noch 70 TAGE

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Zack – jetzt ist der April auch schon bald vorbei. Im Moment rast die Zeit und eh wir uns versehen ist schon Juli und wir kommen zurück nach Deutschland. Nur noch 70 Tage Brasilien. Auweia!

Die Vorbereitungen für den „Rückzug“ haben bereits begonnen, d.h. ein Umzugsunternehmen ist verständigt, der Umzugspartner hier vor Ort war da und hat unser Hab und Gut inspiziert, die Termine sind gemacht und in Köln läuft die Suche nach einer passenden Bleibe.

Beim Besuch der professionellen Umzieher haben wir erfahren, dass alle Güter, die wir damals ins Land gebracht haben, nun auch wieder raus müssen. Passiert das nicht, darf nachträglich Einfuhrzoll erhoben werden und das kann empfindlich teuer werden. Das Nachprüfen erfolgt übrigens über die Pack- und Versicherungslisten, die wir eingangs 2009 ausgefüllt haben. Steht da zum Beispiel eine Waschmaschine drauf, muss auch wieder eine raus und jetzt seht ihr in etwa, wo der Hase im Pfeffer liegt. 😉

Ende Juni kommt dann eine Horde Packer und packt alles ein, was nicht vorher im Koffer in Sicherheit gebracht wurde. Wir dürfen da nicht selber Hand anlegen, da unsere Sachen sonst nicht versichert sind. Angeblich brauchen sie für unseren Hausstand nur 2 Tage, dann ist alles im Karton und geht, sobald wir das Land verlassen haben, auf eine sechswöchige Reise per Containerschiff, bis es irgendwo in Köln wieder rausdarf.

Wo, das finden wir gerade heraus und drückt uns mal die Daumen, denn wir haben eine sehr hübsche Wohnung entdeckt, deren Besitzer sich bitte für uns als Mieter entscheiden soll. So, und jetzt weitermachen. pe

EUKALYPTUS

Das, was gerade so hübsch dekorativ auf unserem Tisch steht und den ganzen Raum mit natürlichen ätherischen Ölen beduftet ist das Abfallprodukt dessen, mit dem ihr euch evtl. gerade die Nase putzt – auch ätherische Öle drin, diesmal künstlich.

Die Eukalyptusindustrie ist gigantisch in Brasilien, denn hier gedeiht die schnell wachsende Pflanze, die ursprünglich aus Australien kommt, besonders gut. Verarbeitet wird das Holz zu Zellulose, aus der nach Bleichung Papier gewonnen wird. Und da haben wir direkt vier Probleme auf einmal:

Die Eukalyptusplantagen verdrängen den tropischen Küstenurwald, wie wir im Sommer auf unserer Reise nach Salvador selber sehen konnten. In den Urwäldern wachsen normalerweise pro Hektar 450 Baumarten und 92 Prozent aller Amphibienarten leben ausschliesslich dort. Heute sind noch 7% des ursprünglichen „Mata Atlântica“ erhalten und viele Pflanzen- und Tierarten sind ausgerottet.

Nicht nur die Tiere wurden verdrängt, sondern auch die dort lebenden Bauern, die ihre Felder für die Industrie räumen mussten und als Arbeiter auf den Plantagen angestellt wurden. Durch den Einsatz technischer Hilfsmittel werden immer mehr Stellen gestrichen und das führt zu Arbeitslosigkeit und großen Konflikten.

Die Bäume werden als Monokulturen gepflanzt, um die Plantagen einfacher bewirtschaften zu können. Ein Eukalyptusbaum entzieht dem Boden jede Menge Wasser, 30 Liter braucht er am Tag. Das hat zur Folge, dass Flüsse oder Wasserquellen austrocken und der Grundwasserspiegel absinkt. Damit veröden ganze Landstriche und werden für Jahre unbrauchbar.

Um aus dem kleingehackten Eukalyptusholz Zellulose zu gewinnen, muss es gebleicht werden und das macht der Brasilianer am liebsten mit Chlor. So wurde das Farbrikabwasser verseucht und Arbeiter, die dauerhaft damit in Kontakt waren, erkrankten an Krebs. Heute verwendet man weniger giftige Chloride, doch die Grundwasserwerte sind dauerhaft kritisch.

Da schaut man ein hübsches, weißes Taschentuch schon mit anderen Augen an, oder? Zum Glück ist aber alles langsam auf dem Weg der Besserung, da man die Probleme erkannt hat. So werden immer mehr Zertifikate installiert, die nachhaltig und sozial gerechtes Papier kennzeichnen, denn damit kann Druck auf die Papierriesen ausgeübt werden.

Also achtet beim Kauf von Papier auf die Gütesiegel, wie den „blauen Engel“, „FSC“ oder „Oecoplan“, denn das hilft der Natur und den Menschen hier. Und ich genieße jetzt trotzdem den tollen Duft im Wohnzimmer. pe

BAYERN DE MUNIQUE

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Neee, neee, neee – also das war ja wohl nichts! Drei Matchbälle und alle versiebt! Da können einem selbst die Bayern ein bisschen leid tun. Gesehen haben wir das Endspiel der Champions League im São Cristovão, besagter Boteca, in die wie uns eigentlich fast immer begeben, wenn es etwas „amtliches“ in Sachen Fußball zu gucken gibt, weil die es übertragen.

Gestern sogar inklusive Merchandising wie kleinen Tischaufstellern und Buttons, die die Live-Übertragung des Spiels angekündigt haben. Das habe ich dort bisher noch nicht gesehen und wir hatten kurz Sorge, dass sich auch ein Kamerateam blicken lässt, um ein paar Kommentare einzufangen. Das haben die aber schön bleiben lassen.

Viele der anwesenden Fußballfans waren auf unserer Seite, teilweise sogar im passenden Outfit. Aber es gab auch reichlich „blaue“ Seelen und so wurde während des 2-stündigen Fußballfiaskos mal hier „Hurra“ geschrieben und mal dort „Não“, mal hier die Hände vors Gesicht geschlagen und mal dort „Goooool“ gejubelt.

Bundesligafinale, Pokalendspiel und Champions League – jetzt sind wir warm und freuen und schon auf die Fußball-EM, die natürlich auch verfolgt werden muss. Unsere Handtücher haben wir im São Cristovão jedenfalls schon ausgelegt! pe

TEATRO MUNICIPAL

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Schönes Theater, gelungene Architektur, beindruckender Innenraum – alles gut im Teatro Municipal, das wir letzte Woche besucht haben, um ein klassisches Konzert zu hören und mal „zu gucken“. Das Theater ist erst letzten Sommer nach langer Renovierungszeit wiedereröffnet worden und ein Besuch steht auf unserer „ToDo“-Liste der Dinge, die wir unbedingt noch erledigen möchten, bevor es zurück nach Deutschland geht.

Das Theater an sich ist toll, aber richtig besonders wird es, wenn man sich die Historie dieses Gebäudes vor Augen führt. Nicht nur, dass dort internationale Künstler wie Maria Callas, Enrico Caruso oder Rudolph Nureyev aufgetreten sind – das Teatro war auch Schauplatz der für die brasilianische Kunst wichtigsten Veranstaltung ever – der Semana de Arte Moderna.

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MODERNISMO

Vom 11ten bis zum 18ten Februar 1922 hatte eine ganz besondere Künstlergruppe das Theater für Vorträge, Lesungen, Diskussionen und Ausstellungen angemietet. Die Idee, die in dieser Woche ihren Ausdruck fand, war, die brasilianische Kunst von ihren europäischen Vorbildern (zum Beispiel Dadaismus oder Surrealismus) abzulösen und eine eigene brasilianische Identität zu schaffen.

Kann man ja gut verstehen, denn Brasilien ist von der Kultur der Einwanderer, zurück bis zum 16ten Jhd., geprägt worden. Erst kamen die Portugiesen, dann die Afrikaner, die Italiener, Deutschen und Japaner – nicht alle ganz freiwillig, aber alle wollten sie ein Wörtchen mitreden und mitgestalten. So entstand Anfang des 20 Jhds, als Brasilien sich mehr und mehr industrialisierte und eigenständiger wurde, vor allem in intellektuellen Kreisen der Wunsch, diesem bunt gemischten Volk eine eigene kulturelle Identität zu geben.

Mário de Andrade, damals 29-jährig und Vater der Bewegung forderte „im Namen aller Künstler das Recht auf Selbstbestimmung der ästhetischen Werte, die Aktualisierung der brasilianischen Kunst sowie die Bildung eines kreativen Nationalbewusstseins.“ So!

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Die Semana de Arte ist als Begründung des brasilianischen Modernismo in die Geschichtsbücher eingegangen und Teilnehmer waren unter anderem Künstler wie Tarsila do Amaral, Di Cavalcanti, Mário de Andrade, Oswald de Andrade und Heitor Villa-Lobos.

Das Gemälde oben ist das bedeutendste der erstgenannten Künstlerin Tarsila do Armaral. Sie hat es 1928 gemalt und es trägt den Titel „Abaporu“, was in der indigenen Tupi-Sprache „Anthropopage“ , also Menschenfresser heisst. Der Titel des Bildes ist Namensgeber für das Anthropopagische Manifest, das Oswaldo de Andrade, Gatte Tarsilas im Rahmen der Modernismo-Bewegung verfasst hat. Motto ist, „das Fremde nicht wegzuschieben, sondern aufzufressen.“ Damit beschreibt er in einer These, verschiedene Kulturen zu absorbieren um damit eine neue brasilianische Identität zu gestalten.

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Diese Idee ist bis heute in allen Bereichen der brasiliansichen Kultur wirksam, zum Beispiel beim Street-Art-Künstler Nunca. Seine Charaktere sind unter anderem Kannibalen, die sich gegenseitig auffressen oder zerteilen und dabei amerikanische Markenimporte wie Nike (er schreibt es lautsprachlich NAIQUE) oder Oakley (Oakleii) tragen. So finden sich an den Wänden São Paulos abgetrennte Finger, Arme oder andere Körperteile und die Gründer des Modernismo wären sicher begeistert.

Ich bin jetzt noch untröstlich, dass die Fotos der Graffiti und Street-Art-Gemälde auf dem Bauzaun um das Teatro Municipal mitsamt meiner Kamera auf unerklärliche Weise verschwunden sind. Da hätte sich sicher auch ein Nunca gefunden. pe

BELO MONTE

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Brasilien ist ein boomendes Land und um die Wirtschaft weiter nach vorn zu bringen, braucht der Brasilianer Energie. Diese soll, geht es nach den Wünschen der Regierung, zu einem Teil künftig in der Amazonas-Region gewonnen werden, durch den Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte.

Mit der Vorbereitung zum Bau der gewaltigen Staumauer wurde bereits begonnen. Sie entsteht an der Biegung des Xingu-Flusses und das angestaute Wasser wird 400.000 Hektar Regenwald überschwemmen und damit den Lebensraum von 40.000 Indios sowie unzähligen Pfanzen- und Tierarten zerstören. Die Region war bislang ein Naturschutzgebiet, um die Kultur der Indios und die Natur zu erhalten – jetzt passiert das Gegenteil und die Folgen für den gesamten brasilianischen Regenwald können nachhaltig sein.

Zahlreiche Proteste laufen gegen das gigantische Projekt und man versucht nach wie vor, den Bau aufzuhalten. Jeder kann sich beteiligen und hier ein weiterer Link, der zur Unterschrift einer Petition gegen den Staudamm führt.

>>> zur Website Amazonwatch

Das Photo oben zeigt den Indianerhäuptling Raoni. Er hat sich für den Schutz seines Stammes und des Regenwaldes stark gemacht und ist dazu sogar zur UN nach Genf gereist, um sein Anliegen vorzubringen. Das Bild hält den Moment fest, als man ihm mitteilt, dass Präsidentin Dilma den Bau des Staudamms freigegeben hat. pe

Noch 14 TAGE

Man kann die verbleibende Zeit noch nicht an einer Hand abzählen, aber viel fehlt da nicht mehr. In 14 Tagen um diese Zeit wird hier eine Horde von Möbelpackern durch die Wohnung wuseln und packen, was das Zeug hält, denn im Laufe von zwei Tagen soll alles im Container verstaut sein. In 14 Tagen werden wir auch die letzte Nacht hier im Appartment verbringen, danach gehts für kurze Zeit ins Hotel, bis hier alles Formelle erledigt ist.

Grundsätzlich laufen die Abreisevorbereitungen bisher ganz gut. Bis auf den Herd sind alle Elektrogeräte versprochen. Den Fernseher nehmen wir jetzt mit, denn laut Aussage des Fernsehmechanikers des Vertrauens meiner Eltern „is dat kein Probleeeeem und zu 85% kann er jarantiere, dat dat Ding he lööf!“ 85% müssen reichen 😉

Ob wir das Auto vernünftig loswerden, wage ich zur Zeit noch zu bezweifeln. Wir haben zwar die Rücknahmegarantie des Autohändlers, der uns den Wagen vor drei Jahren verkauft hat, aber der ist gerade ausgesprochen zögerlich mit der Herausgabe eines Angebotes und wir fürchten, dass er auf Zeit spielt um den Wagen im letzten Moment für Nüsse wieder anzunehmen. Aber kommt Zeit, kommt Preis. Jetzt versuchen wir es erstmal im brasilianischen Ebay, genannt Mercado Livre!

Unser letzter Tag in São Paulo ist der 30te Juni. Danach fahren wir mit einem Mietwagen noch drei Tage ans Meer in die Nähe von Parati, um langsam und schonend von Brasilien Abschied zu nehmen. Den Wagen geben wir auf der Rückreise am Airport ab und vom Parkplatz gehts direkt in den Flieger. So sehen wir São Paulo nicht mehr und das ist vermutlich auch besser so, denn die Gefühlslage ist gerade doch ausgesprochen durchwachsen.

Ich heule schon seit Wochen in Etappen vor und hoffe, dass dann am Ende alles ge- und beheult ist 😉 Jo wird auch langsam ein wenig waidwund. Wir versuchen, die Zeit noch in vollen Zügen zu genießen, aber es hat vieles schon den „das letzte Mal“-Stempel und das macht dann doch am Ende traurig, weil wir das alles hier und die alle hier vermutlich eine ganze Weile nicht wiedersehen werden.

So glaube, ich, dass die richtig Vorfreude auf Deutschland erst im Flieger kommt, wenn wir auf dem Weg nach Frankfurt sind! Schaun mer mal! pe

GOOOOOOOL

Anbei eine filmische Kostprobe der brasilianischen Verbalakrobaten sprich Fußball-Kommentatoren. „FernandoFernandoFernandoTooooores de novo!“ Da können sich die deutschen Kollegen aber noch ein Scheibchen von abschneiden, oder? 😉 pe

Noch 5 TAGE

Jetzt kann man die verbleibenden Tage in der Wohnung wirklich an einer Hand abzählen. Auweia, nur noch 5 Tage. Im Moment sieht es hier noch so gar nicht nach großem Umzug aus, doch heute Mittag werden wir einen Entfeuchter bekommen, der die Räume und Gegenstände trocknet, damit auf der Reise kein Schimmel in den Kartons entsteht.

Die Reisedaten unserer Habe stehen nun auch fest. Am 15. Juli wird der Container auf die „Maersk Laguna“ verfrachtet, wo er dann in Bremerhaven am 07. August ankommt. Unser Umzugsunternehmer schrieb: „Bei rechtzeitiger Ankunft des Containers und problemloser Zollabfertigung sollte eine Auslieferung der Sendung am 10. oder 13. August 2012 möglich sein.“ Das fühlt sich für mich schon fast wieder brasilianisch an – mit den drei „wenns“ ;-)!

Obwohl … nein doch nicht. Der Brasilianer würde schreiben, dass alles kein Problem ist und klar geht – so wie in der letzten Woche, als ich den Raum für unsere Farewellparty, die am vergangenen Samstag stattfand, bestätigt habe. Wir hatten genau abgesprochen, in welchem Teil des Restaurants die Tische reserviert werden sollten und als wir dann eintrafen, fand dort eine Hochzeit statt. „Lebendige Halsschlagader“, sag ich da nur! Aber machen kann man überhaupt nichts, ausser runterpulsen, umdenken und eben in einem anderen Teil feiern. Und dort wars dann auch sehr schön! Vielen Dank nochmal ihr Lieben!

Diese Woche stehen nun alle amtlichen Aktionen an: Gas abmelden, Net(schie) abmelden … yeeehaaahhhhh :-), Bankkonto auflösen, Auto verkaufen, Elektrogeräte verkaufen usw. Also alles wieder zurück auf Null, ausgenommen der zwei Koffer à 23 Kilo, die wir dann noch haben werden. Glaubt es oder nicht, aber das ist echt spoooooky! pe

DEUTSCHLAND VS PORTUGAL

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Dank guter Beziehungen, extremer Hartnäckigkeit und der Unterstützung eines Portugalfans ist es uns gestern gelungen, trotz des parallel laufenden Freundschaftsspiels Brasilien-Argentinien (3:4) in einer hinteren Ecke des São Cristovão das erste Spiel der deutschen Nationalmanschaft anzuschauen. Der nette Portugal-Brasilianer wird übrigens nie wieder während eines laufenden Spiels Fotos der gegnerischen Fans schießen, denn exakt in der Sekunde als er es tat, fiel das Tor für Deutschland 🙂 pe

Noch 1 TAG

Heute ist der letzte Abend, bevor die Packer morgen früh kommen. Der Wohnung sieht man noch so viel an, aber unseren Gesichtern. Jo hatte heute seinen letzten Tag in der Schule und war etwa so lange tapfer, bis die Kinder ihm ein Abschiedsbuch mit ganz vielen Briefen und guten Wünschen überreicht haben!

Heute war auch Avanete das letzte Mal hier und ich habe gehofft, nicht zu weinen. Wie gesagt: gehofft, aber als ich Avanetes Tränen sah, wars auch bei mir vorbei. Avanete war fast von Anfang an dabei und kennt alle Stationen. Sie war uns immer die gute Seele und große Hilfe. Danke querida Avanete Morais!

Heute habe ich das letzte Mal gekocht und es gab eine köstliche Fischsuppe! Jetzt sind alle Lebensmittel, Öle, Essige, Zucker, Salz und so weiter bei Avanete und ich bin sicher, dass sie daraus ganz großartige Dinge zaubern wird!

Es ist ein ganz anderes Gefühl, als der Abschied von Deutschland, denn hier werden wir vermutlich nicht mehr leben. Und es ist auch ein anderes Gefühl, innerhalb eines kurzen Zeitraums ein Leben im Ausland aufzubauen und es dann wieder auf 2x 23 Kilo herunter zu schrauben.

Uns gehts gerade nicht gut … wir freuen uns auf euch, aber sind auch sehr traurig! pe

ABSCHIED

Gerade sitze ich Jo’s altem Kinderzimmer und schaue mir den letzten Blogeintrag an. Das ist alles schon so weit weg und dabei doch erst eine Woche her, seitdem wir das Appartment in São Paulo verlassen haben.

Zwei Nächte haben wir noch im Hotel übernachtet, denn es waren noch einige Formalitäten zu erledigen: die Wohnung musste wieder an den Vermieter übergeben werden, das Auto kam zurück zum Händler, der es nun in unserem Auftrag verkaufen wird, es wurde ein Leihwagen organisiert, die letzte Feijoada musste verspeist werden, das letzte Choppe musste im São Cristovão getrunken werden und nach so vielen letzten Malen lagen wir am letzten Abend in São Paulo schon um 17h im Bett, weil einfach gar nichts mehr ging.

Am Sonntagmorgen gings dann Richtung Trindade, einem alten Hippieort in der Nähe von Parati. Trindade zeichnet sich besonders durch die wunderschönen Strände aus, ansonsten ist da im Winter nicht sonderlich viel los! Zwei Tage waren wir dort und haben eigentlich nur geschlafen und die Seele baumeln lassen. Und nach und nach die Anspannung der vergangenen Tage losgelassen. So heisst es in Brasilien: Jede Welle nimmt ein kleines Stück Sorge oder Last von dir weg. Funktioniert!

Der letzte Tag und die letzte Nacht in Brasilien sollten ganz besonders sein und daher sind wir noch einmal umgezogen. Parati ist ein altes portugiesisches Seefahrernest, mittlerweile UNESCO-Welterbe. Die alten Gassen und Häuser sind extrem malerisch und in einigen befinden sich erstklassige Pousadas. So eine sollte es denn auch sein und im Luxusambiente und mit einem Luxusabendessen haben wir unsere drei Jahre São Paulo angemessen ausklingen lassen.

Mittwoch war  Reisetag und wir sind extra früh aufgebrochen, um auf jeden Fall pünkltich am Flughafen zu sein. Brasilien hatte wohl an diesem Tag beschlossen, sich noch einmal von seiner speziellen Seite zu zeigen, denn etwa 100km entfernt vom Flughafen befanden wir uns auf einmal in einer Straßensperre wegen Sprengarbeiten.

Der Vorarbeiter konnte leider auch nicht so genau sagen, wie lang die Sperrung etwa dauern würde, daher beschlossen wir, uns nicht auf die brasilianischen 1 bis 2 Stunden zu verlassen, sondern zu wenden und eine Straße über Land zu nehmen. 100km mit etwa 60 km/h durch den Wald, ohne zu wissen, ob wir da wirklich durchkommen oder die Straße irgendwann zur Piste wird?! Das ganze mit dem nahenden Abflugtermin im Rücken – ein unbeschreibliches Gefühl 😉

Aber Ende gut, alles gut – irgendwann saßen wir im Flieger der auf die Startbahn zurollte. Da wurde es nochmal ernst, denn unweigerlich kam der Moment, als die Räder den brasilianischen Boden verließen und wir wussten, dass die Zeit nun wirklich und endgültig vorbei ist.

Jetzt sind wir schon ein paar Tage hier, doch es ist noch wie Watte um uns herum. Ich kann mir noch nicht vorstellen, dass es diesmal kein Urlaub ist und wir wirklich bleiben. Wir haben bisher nur die Familie gesehen und das braucht auch noch eine Weile, bis wir wieder richtig kompatibel werden, denke ich. Aber es wird – ganz sicher und wir freuen uns sehr, euch alle früher oder später zu treffen!

Mein Blog neigt sich nun auch langsam dem Ende zu. Ich habe beschlossen, noch zu schreiben bis der Container in Köln ist, denn das Wiederankommen gehört ja auch zu drei Jahren Auslandsaufenthalt. pe

NEUSTART

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Was so alles erledigt sein will, wenn man irgendwo neu anfängt?

Seit 14 Tagen sind wir nun in Deutschland und können ganz glücklich verkünden, dass die neue Bleibe gefunden ist. Das ging sogar am schnellsten, hatten wir die Wohnung bereits von São Paulo aus im Internet entdeckt und den Kontakt zum Makler aufgenommen, um unser Interesse sehr laut und deutlich zu bekunden.

Künftig werden wir also in Kalk wohnen und ich werde von dort aus arbeiten. Diesen Stadtteil von Köln haben wir in der letzten Zeit ausgiebig erkundet und ich glaube: alles richtig gemacht ;-), denn dort vermischt sich ebenfalls alt mit neu, schäbig mit chic und das Stadtbild ist geprägt von Multikulti … sehr sympathisch und ein bisschen Pinheiros … aber nur ein bisschen …!

Die neue Wohnung ist in einem Altbau untergebracht und wurde gerade renoviert, sodass wir eigentlich nur noch etwas bunte Farbe an die Wände bringen und die Küche organisieren müssen. Küche = IKEA, zumindest mit schmalem Portemonnaie und jetzt habt ihr in etwa eine Idee, wo wir in der letzten Woche relativ häufig anzutreffen waren, neben Elektrogroßmärken, dem Bettenhandel, dem Bezirksamt, der Bank, Net(schie) Cologne und den anderen unglaublichen Telefonläden, die offensichtlich in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden sprossen und die in Kalk sehr speziell sind.

(Ach so: In Kalk gibt es vermutlich auf jeden fünften Einwohner ein Fingernagel-Studio Jasemine, Jaqueline oder Brigitte und ich kann sagen, dass ich noch nie so viele lustige Fingenägel-Designs auf offener Straße gesehen habe.)

Nächste Woche Mittwoch erhalten wir den Wohnungsschlüssel, zwei Tage später werden Möbel und Geräte geliefert und am kommenden Wochenende gestrichen und gebaut, was das Zeug hält! Wer sich als besonders geeignet betrachtet, eine Küche aufzubauen bzw. Wände zu streichen, ist hiermit herzlich zur Mithilfe eingeladen!

Also im Großen und Ganzen läuft der Neustart bisher sehr gut (schnell auf Holz und an den Kopf geklopft). Sicher auch, weil man sich in Deutschland eben doch auf Andere verlassen kann und die Bürokratie nicht ganz so irre ist!

Beispiel Stadthaus und Anmeldung: In São Paulo hätten wir mindestens 1x wiederkommen müssen, da es Unklarheiten in unseren Unterlagen gab – ich zum Beispiel offiziell noch gar nicht verheiratet bin ;-)! Um das nachzuweisen, hätte ich eigentlich die Heiratsurkunde gebraucht, aber die ist im Container, somit hätten wir uns theoretisch noch nicht anmelden können, was bedeutet hätte, dass der Container nicht ankommen kann, weil dazu eine offizielle Meldebescheinigung vorliegen muss! (Nur mal so!)

Aaaaber es ist alles gut, wir sind busy, mittlerweile „entwattiert“ und haben in den letzten Tagen richtig Lust auf Köln und die Kölner bekommen. pe

STREIK STATT STRIKE

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Eigentlich sollte das Schiff mit unseren Sachen drauf bereits seit 6 Tagen auf hoher See sein und Jo meinte auch schon, es per GPS-Überwachung in Uruguay entdeckt zu haben, was ich eh etwas merkwürdig fand, weil absolut falsche Richtung.

Aber es ist ganz anders: Die Zollbehörde in Santos streikt und daher konnte unser shipment bisher noch gar nicht abgefertigt werden – befindet sich also immer noch im Santos’ser Hafen. Voraussichtlich soll der Zoll den Container am 29ten Juli inspizieren, was laut Aussage des Agenten bedeuten würde, dass er am 21ten August in Bremerhaven ankommt und „hoffentlich“ eine Woche später in Köln ist. Aber nichts genaues weiss man nicht, weil die Hafenbehörde in Santos scheinbar gerade ihre eigenen Gesetze macht! Ebenso wissen wir noch nicht, ob der Streik Mehrkosten wegen der Lagerung des Gepäcks verursacht. AUWEIA!

Richtiger Einzug also vermutlich erst Ende August und das bedeutet: CAAAAMPING in der Wohnung! Aber das macht nichts, denn damit haben wir ja schon Erfahrung. Und wenn der Container dann endlich ankommt, ist es doppelt so schön! pe

(Ich habe noch ein Glücksbändchen vom „Senhor Bonfim“ aus Bahia und neben dem Grünen für das Finden einer tollen Wohnung (hat geklappt!) kommt da jetzt noch ein orangefarbenes ans Handgelenk: Für das komplikationsfreie und pünktliche Abfertigen, Verschiffen und Ausliefern unseres Gepäcks!)

3 JAHRE SÃO PAULO

Wenn uns jemand vorher erzählt hätte, was wir in dieser Zeit alles erleben werden und vor allem, was diese Zeit mit uns macht, hätten wir wahrscheinlich kurz gezögert, als es damals darum ging: Ausland oder nicht. Und es vermutlich trotzdem getan! 😉

Ich hoffte, bevor wir nach São Paulo gingen, dass wir eine Familie gründen werden, da ich in Brasilien nicht arbeiten gehen wollte und durfte und nun endlich Zeit und Raum für Kinder war. Ich dachte, ich sei sowieso mit Grafik Design fertig und würde nebenher nur noch ein bißchen illustrieren und Blog schreiben und ansonsten Mutter und Hausfrau sein.

Aber die Biologie hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht und schon sehr bald war die Hauptfrage: „Um Himmels Willen – was mache ich den ganzen Tag lang? Was kann ich sinnvolles tun und wie kann ich schnellstmöglich portugiesisch sprechen lernen, um mit den Menschen zu kommunizieren?“ Daraus wurde dann eine der schönsten Erfahrungen: Stadtführungen mit SoulSampa!

Ich dachte, wir würden schnell Brasilianer kennenlernen und neue Freunde finden, doch das hat tatsächlich ziemlich lange gedauert, bis wir überhaupt Kontakt hatten. Doch der, der nun da ist, bleibt – da bin ich ganz sicher ihr Lieben!

Ich war davon überzeugt, bestehende Freundschaften bleiben erhalten, da wir ja heutzutage über ganz viele Medien kommunizieren können! Und wir hätten oft Besuch aus Deutschland! Diesen Zahn zog uns ein Kollege von Jo eigentlich in der ersten Woche denn er meinte: „Ihr werdet euch wundern, wer wirklich bei euch bleibt!“ Und da hatte er Recht! Aber auch in diesem Punkt: Alles hat seine Zeit und maches eben nur eine Kurze!

Ich war mir sicher, wir würden finanziell liquide werden und uns etwas Geld zur Seite legen können, da ja der damalige Kurs extrem zu unseren Gunsten ausfiel! Doch der Kurseinbruch kam drei Monate nachdem wir angekommen waren und so musste an allen Stellen der Rotstift angesetzt werden, angefangen bei der Wohnung bis hin zu Urlauben etc.. Na ja und Rücklagen bilden? So sind wir 2x in São Paulo umgezogen, haben drei Stadtviertel kennengelernt und ich möchte keines unserer Heime missen! (Auch nicht den Torre!)

Wir planten eigentlich, länger als drei Jahre zu bleiben, also mindestens 6 Jahre, damit sich das Ganze auch wirklich lohnt. Doch da hatten wir unsere Rechnung ohne Jo’s Schulsituation gemacht, die häufig alles andere als rosig war und letztlich den Ausschlag dafür gab, nur drei Jahre in São Paulo zu leben. Doch auch hier: Jo hat nun eine Stelle in Köln bekommen, was ein echter Glücksfall ist, denn ein Ländertausch ist normalerweise nicht so einfach und rasch umzusetzen.

Ich dachte nicht, wie schwer es würde, im Ausland nur einen Menschen ganz nah bei sich zu haben, der dann auch noch für alles da sein muss. Und wie intensiv man sich darüber kennenlernt – mit allen Seiten. Ich habe das nachher unser „Ehebootcamp“ genannt, welches wir trotz vieler Widrigkeiten gemeistert haben. Eine solche Erfahrung ist eine Zerreissprobe, schweisst aber auch zusammen, wenn beide das wollen!

Also alles kam irgendwie anders. Aber ich möchte nichts davon missen und wenn ich sehe und spüre, wie viel mir diese Stadt jetzt bedeutet, die Menschen dort, unsere Viertel und all die schönen Orte, die wir kennenlernen durften dann weiss ganz sicher, dass wir eine zweite Heimat gefunden haben. pe

DAT HÄZZ VUN DR WELT, JO DAT ES KÖLLE!

Lichter

Da simmer wieder. Landung am 29ten morgens, 5 Uhr brasilianischer Zeit. Taxi, Haus in Ordnung, bergeweise Post, verwilderter Garten … wie das halt so ist nach 3 1/2 Wochen Urlaub. Richtig gerfreut haben wir uns nicht, wieder in São Paulo zu sein. Die schöne und ruhige Zeit in Köln klingt noch nach und es wird etwas Zeit brauchen, bis wir hier wieder ganz angekommen sind … wie das halt so ist … 😉

Jedenfalls möchten wir uns noch mal bei euch allen bedanken. Ihr habt uns eine tolle Zeit bereitet. Wir haben es sehr genossen, wieder einmal im Kreis unserer Lieben zu sein, mit euch zu reden und zu sehen, wie es euch ergangen ist und geht. Das wird uns noch eine ganze Weile die Seele aufpolstern 🙂 pe&jo

NEUES AUS SÃO PAULO

YEP … auf ein Neues. Seit einem Monat sind wir wieder hier. Der Anfang war schwer, wie schon gesagt, aber jetzt sind wir angekommen. Jo hatte direkt viel zu tun mit den Deutsch-Prüfungen in der Schule. Das nennt sich deutsche Sprach-Diplom-Prüfungen, das bedeutet, dass die neunten Klassen die erste Stufe machen, die 11ten und 12ten die Zweite.

Pe: Was heisst denn das???
Jo: Heisst, wenn sie das DSD 2 (nicht DSDS) haben, können sie direkt an den deutschen Hochschulen studieren.
Pe: Hmmm. Wieviel haben das geschafft?
Jo: Kann man nicht sagen – die Ergebnisse kommen erst im November/Dezember.

(Das wird gerade ein Interview …)

Pe: Und sonst Jo?
Jo: Jetzt die nächste große Aufgabe ist das Abitur: Im September die schriftlichen, im November die mündlichen Prüfungen!
Pe: Aha. Und was heisst das für deine Arbeit?
Jo: Das heisst, einen anstrengenden Monat, um unsere 19 Schüler erfolgreich durchs Abitur zu führen.
Pe: Möchtest du sonst noch was sagen?
Jo: Jou, so langsam hat man die Sache ein bißchen im Griff in der Schule. Man kennt jetzt die Abläufe. Und kann in der nächsten Zeit stärker gestalterisch tätig werden.
(Man)
Pe: Und sonst?
Jo: Ja, ansonsten freue ich mich auf die gemeinsamen Ausflüge demnächst mit meiner Frau, um das Land etwas mehr kennenzulernen.
Pe: Schnarch!
(Jo guckt in die Luft!)
Pe: Was heisst das?
Jo: Tja. Immer weiter nach vorne, ach Quatsch, schreib doch nicht sowas. Die nächsten Herausforderungen warten schon!
Pe: Wir sind doch hier nicht bei Spiegel Online!
Jo: Nee. Bei Petis Blog!
Pe: Ja und?
Jo: Da muß man schon Farbe bekennen!
Pe: Seit wann das denn ;-)?
Jo: Eigentlich schon immer. Aber ich hab mich noch nicht so getraut!
Pe: Warum denn nicht?
Jo: Peti schreibt zu gut
Pe: Quatsch!
Jo: Doch, das schreibst du bitte!
Pe: Find ich doof!
Jo: Das sehen alle Leser anders.
(Will ich nicht schreiben!)
Pe: Aber du kannst gut schreiben, Jo!
Jo: Ich werde es versuchen!
Pe: Wann?
Jo: Hmmmmm. Du wirst schon sehen!
(Na toll!)
Pe: Wann?
(Lach auf beiden Seiten!)
(Pause!)
(Pause!)

Jo: Es reicht jetzt.
Pe: Wieso?
Jo: Ich lasse mich nicht festnageln.
Pe: Will ich doch gar nicht!
Jo: Oh doch!
(Na toll)
Jo: Lies mal das Ganze jetzt!
Pe: Nein
Jo: Warum nicht!
Pe: Weil ich nicht will!
Jo: Ich muß das erst authorisieren!
Pe: Musste nich!
Jo: So gehört sich das aber!
(LOL)
Jo: Na toll.

WAHLEN IN BRASILIEN

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Am Sonntag wird in Brasilien abgestimmt, ob die Regierung Lula weiterhin an der Macht bleibt. Denn auch wenn er selber nicht mehr antritt, hat seine Nachfolgerin Dilma Rousseff (vorne im Bild) im Moment allergrößte Chancen, das Rennen zu machen. Nicht zuletzt, weil sie bei den sozial schwach bis gar nicht Gestellten diejenige ist, der man die meiste Reformkraft zutraut.

So denkt auch Avanete, unsere Zugehfrau, die schon vor einiger Zeit per Briefwahl ihr Kreuzchen gemacht hat, da sie im Bundesstaat Bahia, ihrer Heimat, abstimmen muß. Hier ist es übrigens so, dass alle zur Wahl verpflichtet sind. Denn die Teilnahme wird auf der Carteira de Trabalho, dem offiziellen Arbeitsbuch jedes Brasilianers vermerkt. Kein Wahlgang, kein Job. So einfach geht das.

Auf Spiegel Online gibt es gerade ein Special zur Wahl, wenn es euch interessiert. Dort wird auch die schillerndste Kandidatin Marina Silva vorgestellt. Sie kandidiert für die Grünen und steht bei Künstlern und Intellektuellen hoch im Kurs. Ihre Reformpläne sind nicht weniger anspruchsvoll als die Dilmas, nur wird ihre Lobby vermutlich nicht so stark sein. Anbei ein Video von ihrer Website. So wird in Brasilien Wahlwerbung gemacht – man vergleiche das mit der unsrigen 😉

Sehr bemerkenswert sind die Lebensläufe der Kandidaten. Zum Beispiel: Dilma Rousseff war während der Militärdiktatur bei der Guerilla, wurde verhaftet und gefoltert. Marina Silva hat erst mit 16 Jahren Lesen und Schreiben gelernt und arbeitete als Hausangestellte, bevor sie später Geschichte studierte. Der Dritte, José Serra lebte während der Militärdiktatur 14 Jahre im Exil und hat in Princeton Ökonomie studiert. Alle drei sind charismatische Persönlichkeiten, allerdings mit unterschiedlichem Sympathiefaktor.

Als dann, ab Sonntag wissen wir mehr! pe

>>> Zum Spiegel-Artikel
>>> Zur Wahlwerbung

DAS BRASILIANISCHE NEIN

Soll man Stefan Zweig in seinen Ausführungen im Buch „Brasilien – Land der Zukunft“ Glauben schenken, so ist der Brasilianer an sich ein friedliebendes Volk. Freundlich, nett, ein wenig unschuldig oder naiv und vor allem harmoniebedürftig.

So ganz kann ich diese Meinung nicht teilen – siehe man nur mal das Verhalten im Straßenverkehr – aber etwas scheint dran zu sein. Denn wer soooo freundlich sein soll, kann sicher nicht ohne weiteres NEIN sagen!

Da kann man wirklich noch einiges lernen, vom Brasilianer. Daher habe ich hier anhand von Fallbeispielen ein paar Übungen vorbereitet:

1. In der Rolle der Sprachlehrerin

Man verabrede einen Termin, sage dann aber kurz vorher (max 2 Stunden) wieder ab, um einen neuen Termin zu vereinbaren. Auch diesen Termin verschiebe man unter heftigem Bedauern auf ein anderes Mal. Beim dritten Mal unternehme man gar nichts, gehe nicht hin, dafür schreibe man aber sofort einen Tag später eine Nachricht, wie leid es einem tue – und verabrede ein weiteres Mal. Und so weiter. Wichtig ist, dass die Gründe und Zeiträume immer anders gewählt werden.

Der Erfolg: Der Andere meldet sich ganz sicher nie wieder!

2. In der Rolle des Handwerkers

Man unterhalte sich am Telefon über ein Stück „Gewerk“, was zu erledigen ist. Man zeige sich begeistert, ja regelrecht enthusiastisch über den bevorstehenden Auftrag und erkläre sich gerne bereit, zu einem gemeinsamen Termin vor Ort zu erscheinen, um ein Angebot anzugeben. Und dann schalte man das Telefon aus und melde sich nicht mehr. Selbstverständlich erscheine man auch nicht zum vereinbarten Treffpunkt, der via Mailbox erhalten wurde.

Der Erfolg: Der Job geht garantiert an einen anderen.

3. In der Rolle der Physiotherapeutin

Man stelle sich via Internet mit seinem Handwerk vor. Es melden sich bestenfalls potentielle Kunden, auch telefonisch via Mailbox. Man lasse den Tag zu Ende gehen und rufe dann möglichst spät (etwa ab 23h) zurück, mit der Betonung, wie leid es einem tue, aber dass es nicht anderes gehe. Dieses Gespräch muß unbedingt ergebnislos bleiben und mit einem weiteren versprochenen Rückruf enden. Dieser darf aber nicht erfolgen, so dass der Andere sich von allein meldet. Dann absolut unverbindlich bleiben und klarstellen, dass ein Termin eventuell möglich sei, zwischendurch, aber nicht verabredet werden kann.

Der Erfolg: Der Kunde wird sich abwenden.

4. In der Rolle des Auftraggebers

Man stelle einen neuen Job in Aussicht und gebe dem Anderen die dafür nötigen Unterlagen mit der Bitte, sie innerhalb kurzer Zeit zu lernen um sich dann wiederzutreffen und das Gelernte abzufragen. Man sage etwa 2 Stunden vorher ab, verabrede aber einen neuen Termin (Siehe Sprachlehrerin). Jetzt seid ihr dran: Was muß als Nächstes passieren? … RICHTIG! Man nehme auch den Zweiten nicht wahr, aber unter größtem Bedauern und mit Ausdruck der Vorfreude aufs nächste Treffen. Gerne auch ein Zusatz, dass man schon sehr gespannt sei. Das Prinzip muß so lange fortgeführt werden, bis der Andere irgendwann nachfragt, was eigentlich los sei. Daher immer unterschiedliche Medien einbeziehen: Telefonate verabreden, persönliche Treffen, Skype-Sessions, E-Mails – da ist der Kreativität keine Grenze gesetzt.

Der Erfolg: Der Andere kommt sich irgendwann doof vor und gibt einfach auf.

Also Summasummarum: UNBEDINGT IMMER unverbindlich bleiben, Entscheidungen nicht treffen oder möglichst lange herauszögern. Wenn man keine Lust hat, ja sagen und sich nicht mehr melden. Oder sich einfach überhaupt nicht melden. Nun viel Spaß beim Üben 😉 pe

Kleiner Tipp: Als Rollen eignen sich auch hervorragend Makler, Versicherungsagenten und KFZ-Mechaniker

WAHLEN #02

Am Wochenende geht die Wahl in Brasilien in die zweite Runde. Dilma und Serra sind noch im Rennen und die Hochrechnungen sind eindeutig zu Gunsten Dilmas. Nicht zuletzt, weil sie im bislang armen Nordosten Brasiliens etwa 80% aller Stimmen einheimsen wird. Anbei ein Spiegel-Online Artikel, der sich noch einmal mit Pro und Contra Lula (und somit Dilma) befasst. pe

>>> zum Artikel

KRIMINALITÄT

Immer wieder hören wir Geschichten von kriminellen Übergriffen in São Paulo. Am Wochenende hat es Jenson Button beinahe erwischt, als er auf dem Weg von der Renstrecke ins Hotel mit Maschinenpistolen bedroht wurde. Nur die Geistesgegenwart des Fahrers der Gas gab, hat Schlimmeres verhindert.

Zeitgleich haben wir von einem Überfall auf eine deutsche Familie in Interlagos gehört. Die 16jährige Tochter hat sich abends vor der Haustür ausgiebig von ihrem Freund verabschiedet und beim Betreten des Hauses hatte sie auf einmal Begleitung von einigen vermummten und bewaffneten Personen, die sich anschicken, alle Wertsachen dauerhaft zu entfernen. Die Diebe hatten zudem noch praktische Lebenshilfe parat, indem sie der Familie mitteilten, dass man niemals abends allein längere Zeit vor der Haustüre stehen solle, da man nie wisse, was passieren kann wie sie ja gerade am eigenen Leibe erfahren durften und sie somit eigentlich selber Schuld seien! Dä!

Uns hat zum Glück noch niemand bedroht, was nicht heißt, dass wir noch nicht beklaut wurden. Vor zwei Wochen wars soweit. Durch eine Methode die sich Kartenklonen nennt, und den Dieben bislang 3000 Euro beschert hat, die sie lustig von unserem Konto in Deutschland abgezogen haben.

Tatort war wohl eines der Shopping-Center. Dort sind überall öffentlich zugängliche Geldautomaten. Die waren verwanzt – entweder durch Aufsatz oder andere Apparaturen und als Jo Geld abgehoben hat, wurden alle seine Karteninfos gespeichert und in der Folge zum Klonen aufbereitet.

Nun konnten die Herrschaften in aller Ruhe Bargeld bis zum Tageslimit abheben, jedesmal etwa 450 Euro. Zum Glück ist der hiesigen Bank, bei der abgehoben wurde, aufgefallen, dass da etwas nicht stimmen kann und sie haben: „Achtung Sicherheitslücke“ nach Deutschland gefunkt. So wurde unsere Bank aktiv und hat sofort Jo’s Karte gesperrt. Und zum Glück wurde somit erwiesen, dass wir nicht selber abgehoben haben so dass der Verlust durch die Versicherung ersetzt werden wird.

Nachdem das also geklärt war, dachten wir, alles sei gut. Aber dem war nicht so, denn das Konto wurde trotzdem weiter belastet, jeden Tag mit kleineren und größeren Beträgen. So wurde denn auch meine Karte, die ja eigentlich gar nicht bekannt sein konnte, sicherheitshalber gesperrt und jeglicher Kreditrahmen des Kontos gekappt. Seit zwei Tagen ist nichts Neues mehr passiert, die kriegen nichts mehr – wir auch nicht 🙁 – vorrübergehend. Wir schauen noch zu, wie alte Abbuchungen, die bis zum Stopp vorgenommen wurden, eintrudeln, aber bald hat der Spuk hoffentlich ein Ende, wir neue Karten und eine Erkenntnis mehr.

Also ihr Lieben: An öffentlichen Automaten aufgepasst, denn die Methode ist ja auch in Deutschland sehr beliebt. Wir werden nun nur noch in Banken abheben und nicht an frei zugänglichen Geräten, immer mit der Hand die Codeeingabe abdecken und vorher schauen, ob irgend etwas merkwürdig ist. Eventuell auch an der Lesevorrichtung ruckeln. Menno! pe

FRANZ VON ASSISI

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Die gute Seele der Straße, Donisätschi (mdl) hat viele Aufgaben: Parkticketverkäufer, Ein- und Ausparker, Aufpasser, Helfer in der Not – zum Beispiel wenn Wassertanks auslaufen oder das Wasser plötzlich komplett abgesperrt werden soll, Unter-die-Arme-Greifer in praktischen Dingen wie Einkaufstüten aus dem Taxi reintragen oder abgebrochene Palmwedel raustragen (und verbotenerweise im Müllcontainer nebenan entsorgen), Herauswinker, wenn man rückwärts auf die Straße fahren möchte, Gasmafia-Abwimmler und so weiter.

Neuerdings hat er sein Herz auch für die kleinsten Mitbewohner der Straße entdeckt: die Pássaros – und eine Futterstation auf seinem Parkticketverkäuferhäuschen eingerichtet, die, von morgens bis abends, reichlichst von Rotkehlchen, Tauben und Maritacas frequentiert wird.

Jetzt haben wir richtig Theater vor dem Haus 😉 – aber ein Schönes! Und solange sie jetzt nicht lustig anfangen, alle unverdaulichen Bestandteile ihrer Mahlzeit genau über unserem Auto abzuwerfen, darf bitte alles genauso bleiben, wie es ist! pe

STENCILS

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Was dem Paulistano das Graffitti, ist dem Buenos Airesser das Stencil, also das Sprühen mittels einer Schablone. Diese Kunst braucht in der Vorbereitung Zeit und Fingerfertigkeit mit dem Skalpell, aber einmal angefertigt, kann mit der Schablone ganz schnell – und dadurch im besten Falle unerkannt – ein Bild zigfach reproduziert werden, eine Botschaft zigfach transportiert werden. Und darum gehts!

Der Ursprung der Bewegung ist wohl in der Zeit des argentinischen Ausnahmezustandes von 2001 zu finden, als klassenübergreifende Proteste gegen die Regierung stattfanden, mit der Forderung: „Que se vayan todos!“ / „Alle sollen verschwinden!“ Gefordert wurde das Verschwinden aller politischen Parteien und die komplette Neustrukturierung des Landes. Zu dieser Zeit entstanden die ersten, politisch motivierten Stencils und sehr rasch explodierte die Bewegung.

Heute findet man Stencils fast an jeder Wand. Häufig überlagern sich die Motive – dort wo einer anfängt, gesellt sich bald ein Anderer dazu und so weiter. Hier ein Film zum Thema. Der ist zwar auf spanisch, aber man versteht auch so, worum es geht, wie es geht und was geht. pe

>>> zum Film

BOAS FESTAS VOL2

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Das Jahr geht zu Ende, wir machen es uns jetzt im Kreise unserer Lieben gemütlich – bei euch mit Schnee, hier ohne – und freuen uns auf ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Start in ein Neues, hoffentlich angenehmeres und leichteres Jahr mit positiven Begebenheiten, Erfolg und Glück.

Das letzte Jahr war warscheinlich für uns alle nicht einfach, viel hat sich verändert und sehr oft stand es im Zeichen des Tigers: Krallen ausfahren und kämpfen. Dabei vergessen wir manchmal, wie gut wir es eigentlich haben, denn jeder sitzt ja in der eigenen Soße der Befindlichkeiten – Vergleiche sind daher schwer zu ziehen.

Und ich mach es jetzt trotzdem mit dem Blick ins Wohnzimmer eines  vermeintlichen Zeitunglesers, der sich bei genauerem Hinsehen als Pappkartonlandschaft entpuppte und auf sehr reale Weise offenbart, wie viele Menschen leben müssen!

Boas Festas ihr Lieben! Pe&Jo

CHUVA

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Heisst Regen und wenn der hier runterkommt, dann gerne richtig. Angekündigt hatte sich dieser Wolkenbruch bereits, als wir gerade das Haus verlassen haben, um „mal wieder“ eine Wohnung zu besichtigen. Auf dem Rückweg gings dann prächtig zur Sache. Innerhalb kurzer Zeit sind die Straßen vollgelaufen, denn mit diesen Regenmassen kommt kein Gulli mehr klar. Einen Vorteil hat das Ganze: Das Auto ist nun wieder sauber 🙂 Naja, und die Wäsche muß wohl nochmal in die Maschine … Grrrr. pe

GUTE AUSSICHT

Ziemlich praktisch – so ein Leben im elften Stock. Denn neben der guten Aussicht läßt sich zudem schnell feststellen, ob zum Beispiel die Mitnahme eines Regenschirms sinnvoll wäre, oder, ob das Vorhaben, das Haus zu verlassen, getrost vergessen werden kann. Das schützt vor unangenehmen Überraschungen (siehe Artikel Chuva), die wir parterre des Öfteren erlebt haben.

Abgesehen davon ist es einfach klasse, den Himmel kurz vor einem Gewitter zu sehen. Oder einen Sonnenuntergang, nachdem es geregnet hat. Oder das rosa Morgenlicht an den Wohntürmen. Oder. Oder. Siehe unten. pe

BEIJA-FLOR

beija-flor

Echt witzig! In der alten Wohnung habe ich immer versucht, die Kolibris anzulocken. Man kann hier kleine Wasserbehälter kaufen, die in die Bäume gehängt werden und die als Ausgang große Plastikblüten haben. So wird den Tierchen die Blume vorgegaukelt und in der Regel funktioniert das bestens, vor allem, wenn man dem Wasser ein bißchen Zucker beimischt.

Das fanden bisher ziemlich viele Vögel spitze, zum Beispiel die Olsen-Bande, 5 Vögel in blau, die sich regelrecht um den Stoff geprügelt haben und morgens schon auf der Lauer lagen, wann die Frau Bähner mit dem Nachschub kommt. Aber leider war nie ein Beija-Flor dabei, für den das Ding ja eigentlich gedacht war.

Und jetzt wohnen wir hier im 11ten Stock und täglich fensterln die Viecher – ohne dass wir Zuckerwasser in Plastikblüten oder was anderes offerieren. Keine Ahnung, was daran so aufregend sein soll, an einer kahlen Hauswand hochzufliegen? Aber ich verstehe ja auch nicht, warum der Brasilianer an einer vierspurigen Straße joggt. Oder warum sich am Strand alles auf 20 Metern zusammenrottet, wo doch so viel Platz da ist (das Foto wird übrigens nachgereicht, wenn wir noch einmal zum Praia Grande fahren – das glaubt ihr nicht!)

Naja, jedenfalls finde ich es super, dass es mir endlich gelungen ist, eine Aufnahme zu machen. Die Tiere sind unheimlich scheu und jede Bewegung auf der anderen Seite des Fensters hat für die bisher ausgereicht, umgehend davonzuflattern. Spricht einiges dafür, dass ich sehr gute Pirsch-Qualitäten habe, oder? pe

MÄBILINI

Dass wir hier mit der portugiesischen Sprache zu kämpfen haben, ist ja nichts Neues. Aber es tauchen auch immer wieder Begriffe auf, die wir eigentlich kennen, die aber durch den Portugiesisch-Filter dermaßen unkenntlich gemacht werden, dass es oft ein großes Hurra gibt, wenn sich die eigentliche Bedeutung klärt.

Grundsätzlich kann man festhalten, dass der Brasilianer phonetisch ein „I“ braucht, um Anglismen, Markennamen oder anderstämmige Wörter zu verbrasilianisieren. Dieses wird stellvertretend als „E“ eingesetzt, zum Beispiel „NIVIA“. Oder es wird vor dem Vokal „E“ eingesetzt – siehe „PIETRA“. Manchmal kommt es auch ans Wortende „BAYERN MUNIKI“.

Mittlerweile haben wir uns eingehört, aber dennoch gibts immer wieder lustige Überraschungen, wie gestern in der Drogerie, als mir ein Lippenstift von MÄBILINI offeriert wurde. Hier eine Liste der Lieblingsbegriffe – mal sehen, ob ihr alles erkennt. pe

FORDSCHI
COLGATSCHI
LONGINÄCKI
HOCKI
FIATSCHI
BASFI
FUTSCHIBOLLI
SZENICI
PANTENI
BIKI MÄKI
SAMSUNGI
CAMÄO
SCHICKI
ZEIA

DONA YAYÁ

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In Bixiga steht das Haus der Dona Yayá. Haus ist gut gesagt, eigentlich ist es ein amtliches Herrenhaus, das sich früher inmitten einer Fazenda befand – heute ist nur noch ein kleiner Garten übrig. Es gehört der Universität São Paulo und die hat dort das Zentrum für den Erhalt der Kultur untergebracht. >>> Centro de Preservação Cultural

Wirklich interessant ist die Geschichte von Yayá, die eigentlich Sebastiana de Melo Freire hieß, 1887 geboren wurde und zu einer aristrokratischen und auch politisch sehr bedeutenden Familie in São Paulo gehörte. Das Leben, oder sagen wir die Umstände, oder sagen wir die Verschwörung – letzteres ist nicht bewiesen, wird jedoch vermutet –  haben ihr Leben zu einer Tragödie gemacht.

Es begann mit einer Todesserie, die Yayás Familie beinahe völlig eliminierte: Eine Schwester erstickte, die Andere starb an einer Infektion. 1899 starb die Mutter, da war Yayá 12 Jahre alt. Zwei Tage später folgte der Vater. Im Jahr 1905 dann der nächste Schlag: Ihr Bruder, bei dem eine geistige Erkrankung diagnostiziert wurde, stürzte sich auf einer Schiffsreise nach Buenos Aires ins Meer und starb ebenfalls.

Somit war Yayá die einzig Überlebende der Familie und erbte ein gewaltiges Vermögen. Untergebracht in einem stattlichen Haus in São Paulo lebte sie das Leben der Bohème, veranstaltete Abende mit ihren Freunden, widmete sich der Fotografie, soll angeblich reichlich Verehrer gehabt haben, die sie aber alle ablehnte, da sie eine tragische und unerwiderte Liebe mit Edu Chaves verband. (Zur Info: Chaves war ein junger Flieger, der als Erster die Strecke São Paulo – Rio ohne Tankstopps versuchte – damals ein ordentliches Abenteuer mit Anspruch auf Heldenstatus. Geschafft hat er das am 5. Juli 1914)

Im Jahr 1918, Yayá war 31 Jahre alt, zeigten sich Symptome einer möglichen Geisteskrankheit. Sie versuchte einen Selbstmord und wurde daraufhin in einem Sanatorium untergebracht, das aber sehr bald als ungeeignet angesehen wurde, sie auf Dauer zu beherbergen. Daher erwarb man als Wohnsitz ein leerstehendes Herrenhaus in Bixiga. Gleichzeitig entbrannte ein Streit um Vormundschaft, die Verwahrung ihrer Vermögenswerte und es gab eine Reihe von Gerüchten und Skandalen.

Anerkannte Psychiater Brasiliens wurden herbeizitiert, um Yayás Geiseszustand einzuschätzen und man kam überein, dass es sich bei ihrer Erkrankung um eine Form der Schizophrenie handeln müsse, die sich in einer Weise zeigte, sich selbst zu verletzten, gegen Wände zu laufen … kurz und knapp: Eine Gefahr für sich und Andere. Daher wurde sie isoliert und eingesperrt. Das Herrenhaus wurde ihren Bedürfnissen angepasst mit speziellen Bädern oder splitterfreien Fenstern, die nur von außen zu öffnen waren. Sie blieb bis zum ihrem Tod 1961 komplett isoliert – 36 Jahre lang. Ihr Vermögen, größtenteils Immobilien der Familie, hinterließ sie der Universität São Paulo.

Heute wird vermutet, dass ihre Isolierung primär dem Zweck diente, sie aus dem Weg zu schaffen, um statt ihrer in eine Machtposition zu kommen und den Zugriff auf ihr Vermögen zu erlangen.

Wahnsinns Geschichte, oder? Ich finde, das ist ein Filmstoff. pe

PREPAID BITTE!

Am Samstag habe ich den Telefonprovider gewechselt. Das an Sich ist ja nichts Besonderes, aber bin nun bei einem neuen Provider aufgrund einer Empfehlung des Alten. Es scheint nämlich hier deutlich einfacher zu sein, bei einem Wechel im Vertrag – zum Beispiel von Postpaid zu Prepaid – direkt zu einem anderen Anbieter zu gehen, der dann die Umstellung, Mitnahme der Telefonnummer etc. erledigt, als wenn dieses die Gesellschaft selber tut.

Oder das ist ein spezieller Service für Nicht-Muttersprachler – frei nach dem Motto: Ist uns zu viel Arbeit, sollen sich doch die Anderen damit rumschlagen 😉

Ich war durchaus guten Mutes, beim alten Provider zu bleiben. Und es schien auch erst ganz einfach, denn man geht ins Geschäft, bespricht mit dem Mitarbeiter dort, was gewünscht wird, der gibt alles in seinen Computer ein, man erhält eine Protokollnummer die 5 Tage später via Telefonat einem Operator genannt wird, der dann den Vorgang abschliesst. Da gehts dann nur noch um die Bestätigung des Antrages.

Das Problem war, dass während des Telefonats alles Andere als eine Bestätigung versucht wurde – neuen Vertrag verkaufen, erweitertes Spektrum anbieten, andrere Postpaid-Tarife vorstellen usw. – und dass mein Wunsch, lediglich auf Prepaid zu wechslen, nicht verstanden wurde (oder nicht gehört werden wollte). Nach den ersten erfolglosen Versuchen habe ich eine Muttersprachlerin zur Hilfe geholt, aber es hat leider trotzdem nicht geklappt.

Am letzten Samstag im Geschäft vor Ort empfahl dann ein Mitarbeiter: „Ach, alles viel zu kompliziert! Gehen Sie einfach eine Etage tiefer zur Konkurrenz – der Rest erledigt sich von allein“ 🙂 pe

IN BRASILIEN IST ES IMMER WARM!

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BEEEEP – falsch! Seit meiner Rückkehr aus Deutschland sitze ich mit einem Heizofen und dickem Pulli vor dem Computer. Und all die mitgebrachten schönen Sommerkleidchen dürfen einstweilen im Schrank auf wärmere Zeiten warten. Menno!

Kalt heißt hier so um die 11-14°C. „Stellt euch nicht so an“, mögt ihr vielleicht jetzt denken. Aber 11°C in São Paulo sind nicht unbedingt mit 11°C in der Kölner Bucht zu vergleichen. Das fängt schon damit an, dass die Häuser hier keine Heizungen haben und das Thema Wärmedämmung im brasilianischen Bauratgeber vermutlich ganz hinten unter „Vermischtes“ steht.

Die Häuser kühlen sehr schnell aus und werden klamm. Schränke sollten daher via Luftentfeuchter getrocknet werden, da in dieser Zeit der Schimmel fix bei der Sache ist. Andereseits ist die Luft im Winter aber trocken – daher empfiehlt sich eher ein Luftbefeuchtungsgerät, damit die Augen nicht zu jucken beginnen. Und schon haben wir den Salat! Übrigens: wir besitzen weder das Eine, noch das Andere 😉

Und wenn man so hübsch weit oben wohnt, wie wir gerade, kann es, nachdem die Sonne weg ist (wenn sie überhaupt da war), richtig zugig und frisch werden. Die Fenster lassen sich leider auch nicht vernünftig schließen – sehen dafür aber stylisch aus.

Dass es hier keine Heizungen etc. gibt, verstehe ich ja irgendwie, denn bei den 1-2 Monaten Kälte im Jahr lohnt sich der ganze Aufriss wohl kaum. Außerdem kann man ja etwas dazu kaufen: Elektroradiatoren, Gasöfen (die allerdings in Appartments strikt verboten sind, woran sich aber keine Socke hält 😉 ) oder lustige Halogen-„Placebo“-Heizöfen (siehe Bild oben). Die sehen nach richtig viel Wärme aus, aber tatsächlich fühlt man das nur, wenn man etwa 20 cm davor steht. Möchte man damit einen ganzen Raum heizen, kann das schon mal etwas dauern und vor der nächsten Stromrechnung habe ich jetzt schon ein bißchen Angst. Last but not least: Wer es sich leisten kann, nutzt in dieser Zeit den offenen Kamin. Für alle anderen muß es mit dicken Pullis, Schals, Mützen und Handschuhen gehen.

Wie zum Beispiel bei Avanete, die heute morgen dick vermummt bei uns eintrudelte und naturgemäß eine fette Grippe hat. Möchte mir gar nicht vorstellen, wie kalt es bei ihr zuhause ist. Sie sagte, sie wärmen von innen und meinte damit einen heißen Kakao oder Tee. Bei von innen wärmen fällt mir ja was anderes ein und ich nehme an, Cachaça, also der hiesige Zuckerrohrschnaps, ist in dieser Jahreszeit auch ein probates Mittel, um der Kälte entgegen zu wirken.

Tja, gerade ist irgendwie eine verkehrte Welt … und daher ihr Lieben: genießt den Sommer und die schönen warmen Temperaturen! Jetzt bin ich auch mal awoi neidisch 🙂 pe

FESTAS JUNINAS

Die Festas Juninas werden in Brasilien traditionell den ganzen Juni über gefeiert. Zurück geht der Brauch auf den Johannistag, welcher nach dem hl. Johannes benannt ist, der etwa ein halbes Jahr älter gewesen sein soll, als Jesus. Und zack: 24ter Juni.

In dieser Nacht werden rituell die Johannisfeuer angezündet, die auch mit Sommersonnenwende und Verehrung der Sonne zusammenhängen und zusätzlich böse Dämonen abwehren sollen. Landwirtschaftlich betrachtet feiert man das Ende der Schafskälte und leitet die Erntesaison ein. So weiß es Wikipedia.

In Brasilien hat man den Brauch von den Portugiesen übernommen, die hier im 16 Jhd. alles erobert und klar gemacht haben. Man feiert ihn auf ähnliche Weise: Es gibt die Feuer, die auch leuchtende Ballons oder ein Feuerwerk sein können, man kleidet sich traditionell mit Strohhut und Karohemd, führt Quadrillen auf oder tanzt Forró und futtert die ganze Zeit komische Maissüßigkeiten. Am kommenden Samstag werden wir ein Festa Junina in Jo’s Schule besuchen und dann werde ich diesen Bericht noch mit Fotos ergänzen, wenn was brauchbares dabei ist.

Was mir besonders gut gefällt ist die Tatsache, dass der Brasilianer quasi 3 in 1 feiert, denn es wird gleichzeitig auch noch São Antonio (13.06) und São Pedro (29.06) gedacht. Also auch kein Wunder, dass man den genauen Termin für die Party nicht so einfach bestimmen kann und den ganzen Juni über feiern muß!

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São Antonio fällt dabei eine ganz besondere Rolle zu, denn er hat neben vielen Patronaten wie: dem Wiederauffinden von verlorenen Gegenständen (daher auch der Name Schlampertoni), Fieber, Schiffbruch, Atltwerden, gute Ernte, auch das für Fruchtbarkeit und Geburt. Die letzten Beiden sind  für die Brasilianerin interessant, denn Antonio wird vor allem von ledigen Frauen verehrt, die sich dringend einen Mann herbeiwünschen.

Laut Brauch läuft das hier so ab: Man kaufe eine Antonio-Statue (möglichst zweigeteilt, d.h. Christuskind extra), stelle sie auf und nehme Antonio das Kind sofort wieder weg (Kidnapping?). Das Kind wird separat aufbewahrt (Portemonnaie oder so) und das so lange, bis der Gatte gefunden und geehelicht wurde. Dann gibt man Antonio das Kind wieder zurück und alle sind glücklich. Alternativ kann man auch, sollte der Antonio nur 1-teilig vorliegen, die Statue kopfüber ins Wasser tauchen (Folter?) und ebenfalls solange in diesem Zustand belassen, bis ein geeigneter Gatte vorliegt.

Als ich die Geschichte vorgestern von meiner Portugiesisch-Lehrerin Marilena erzählt bekam, musste ich wirklich laut lachen, denn der Pragmatismus des Brasilianers, selbst beim Verehren von Heiligen, ist wirklich kaum zu überbieten. 😉 Lache eigentlich jetzt noch … pe

WILLKOMMEN

im Blog von Petra und Jo. Noch gibt es an dieser Stelle nicht viel zu berichten, denn noch sind wir in Köln und bereiten den Umzug vor. Und es ist noch sooo viel zu tun. Aber der Countdown läuft! Am 19ten Juli geht unser Flieger von Frankfurt nach Guarulhos. In São Paulo werden wir die erste Zeit in einem kleinen Appartement in Jardim (Zentrum von São Paulo) wohnen und brasilianisch leben üben.

Wir sind schon mächtig gespannt und freuen uns, wenn ihr ab und an vorbeischaut, um Neues zu erfahren.

Bis dahin – Até logo!

Petra und Jo

ANGEKOMMEN

Wer hätte das gedacht: keine lästigen Zugverspätungen, keine Flugzeugkatastrophen, keine Taxipannen, keine verschlossenen Türen und sogar das Internetz spielt mit … astalavista 🙂

Wir sind jetzt in São Paulo im Appartement/Hotel angekommen. Das „Bauwerk“ heißt Torre de Siena und dat Ding is WIRKLICH ein Turm?!?!? Will meinen, das ganze Haus ist so breit wie unser Schlafzimmer … also konkret: 5 m. Und 15 Stockwerke hoch. Echt kölsche Verhältnisse, würd ich mal sagen! Wie DAS von vorne aussieht, gibts demnächst als Bildchen … wie wir aussehen, lieber nicht. Sind jetzt 24 Stunden auf den Beinen! Boa noite!

TORRE DI SIENA

Das isser! Macht seinem Namen alle Ehre, oder? 🙂 Das Appartement ist einfach, aber ok.  Im Moment kämpfen wir ein wenig mit dem Internetzugang, denn das Ethernet ist megalahm und unser eigentlicher Zugang ist ein ungeschützters WLan, das mal funktioniert und mal nicht. Auweia!

Aber Gott sei Dank ist umme Ecke ein Starbucks mit sattem Zugang und warscheinlich werden wir künftig von dort aus funken. /// Heute haben wir einen kleinen Etappensieg errungen: das FCPF (Steuernummer) ist beantragt und mit ein wenig Glück und Geduld haben wir die Nummer morgen! Graçias a deus! Ohne diese Nummer geht hier gar nichts, nicht mal ein Telefon kann man einfach so kaufen. Geschweige denn einen Container ins Land schiffen. Wenn alles gut läuft, müssen wir also nicht bis Xmas warten, um eine weniger hohe und dafür breitere Wohnung etwas außerhalb zu finden! pe

SELBER FAHREN!

Ach herrlich, wir sind mobil. Haben heute einen Renault Cenic erstanden – unser erstes gemeinsames Auto. Jo hat sich direkt in den São Paulo-Verkehr gestürzt und fands super. Naja, ist schon ganz schön busy auf der Straße, aber da jeder seinen Schaden selber bezahlt, wenn ein Unfall passiert, passen alle doch ziemlich gut auf. Dennoch: wer zuerst fährt hat Vorfahrt. Echter Straßenkampf 🙂

Ich les erstmal lieber Karte. Karte heißt hier: Buch. Das passt gar nicht auf ein Papier, es sei denn, man möchte 2 m Karte mit sich herumtragen. /// Jetzt warten wir ab, wann unser Autohändler das eigentliche Fahrzeug besorgt hat. Es soll nämlich ein VW-Bus werden. Die gibts hier wie Sand am Meer, wobei wir jetzt erfahren haben, dass es gar nicht einfach ist, einen fahrtüchtigen, ungeklauten Bulli zu finden – die dienen nämlich als 1a-Ersatzteillager für die alten Bullis, da die Motoren identisch sind. Schaun mer mal! pe

CAFÉ DO PONTO

Hoch soll es leben, das kleine Internetcafé im Shopping Paulista. Ihr glaubt gar nicht, wie gut das Gefühl ist, endlich eine starke Internetverbindung zu haben – ohne Schwankungen und anderen Firlefanz. Daher gibt es jetzt – solange der Akku hält, Neuigkeiten vom Wochenende, geparkt an der Seite.

Die Organisation dieses Blogs bereitet mir noch ein paar Probleme – also was wohin soll 😉 – aber Tom sei Dank werden die auch bald gelöst! pe

REGEN/REGEN/REGEN

Boahhhhhh, so langsam isses gut. Seitdem wir hier sind, hatten wir einen regenfreien Tag. Ansonsten gießt es in Strömen und warm ist auch nicht wirklich. Dabei kommt die Regenzeit erst noch, hat man uns gesagt. Normalerweise ist es hier im Winter eher trocken. Das ist selbst für die Paulistas eine kleine Sensation. Nun, was nützt es? Jo sagte schon, er könne jetzt gut verstehen, warum die Lehrer lieber im Winter nach Deutschland fliegen. Das werden wir auch so halten … wir kommen im Winter, ihr im Sommer nach brasilianischem Kalender … bene?

Ansonsten gehts uns gut. Jo ist seit einer Woche in der Schule – und hat schon wieder frei. Die Schulen in S.P. wurden wegen möglicher Schweinegrippefälle vorsorglich geschlossen. Erstmal bis Samstag, evtl. aber auch noch die gesamte nächste Woche. Ich finds gut, denn dann können wir gemeinsam die Stadt erkunden.

Das geht jetzt Dank GPS-Navi deutlich einfacher. War nicht ganz ohne, mit der Karte auf den Knieen durch das holprige São Paulo zu düsen … Würg 🙂

Das für den Moment. Gehts euch gut? Wir freuen uns über Kommentare!!! pe

*EMPREGADA

Gleich Hausangestellte. Mit deutlich mehr Aufgaben als die „klassische“ Raumpflegerin in Deutschland. Meist ist sie so etwas wie die sogenannte gute Seele, kümmert sich ums Einkaufen, Kochen, Saubermachen und Waschen. Und um die Kinder, wenn vorhanden. Doch nicht immer mit dem Guten-Seelen-Status. Die hierarchische Trennung ist ganz klar.

Wir haben zur Zeit auch eine Empregada: Rosa, gesprochen Hossa.

Sie gehört hier zum Haus und reinigt jeden Tag die Wohnung, wäscht ab, macht da Bett uns so weiter. Warscheinlich lebt Rosa in einer Favela und fährt morgens eine halbe Ewigkeit mit dem Bus, um in die Stadt zu kommen. Sie hat drei Kinder und die sind ihr ganzer Stolz. Monatlich verdient sie etwa 300-400 RS, also zwischen 100 und 150 Euro. Soweit mein Informationsstand, zu mehr Konversation reicht mein portugiesisch leider noch nicht.

Letzten Freitag haben wir ihr das Trinkgeld für einen Monat gegeben – das waren 40 RS und laut Aussagen von Kollegen war das wohl mehr als ok. 10% ihres Monatslohns – im besten Falle. 15 Euro.

Vermutlich gehts Rosa besser als vielen anderen, weil sie einen festen Job hat.

Wir haben bisher gesagt, wir möchten keine Empregada, wenn wir ein eigenes Appartement haben. Weil wir unseren Kram gut selber erledigen können und weil es für uns ein sehr befremdendes Gefühl ist, eine Hausangestellte zu haben. Und nu?

Wie seht ihr das? pe

ES GEHT VORAN

Wir haben unsere Carteiras – also die Ausweise, die bestätigen, dass wir jetzt in São Paulo leben und die für uns erstmal 180 Tage gültig sind. Damit stünde jetzt auch unserer Containerverschiffung nichts mehr im Weg und wir könnten in etwa 2 Monaten umziehen. Wie gesagt – alles noch im Konjunktiv und schnell auf Holz geklopft.

Daher haben wir jetzt Kontakt zu Wohnungsmaklern aufgenommen und gestern hatte ich die erste Besichtigungstour. Die ersten beiden Appartements hätte ich eigentlich gar nicht betreten wollen – Auweia! Aber man muß ja auch die Schattenseiten kennenlernen, um dann die Sonne genießen zu können 🙂

Das dritte Ding war der Hammer. Total 70ies, loftartig und über 2 Etagen mit Dachterrasse und Pool. Da hat das Mädchenherz einen Megahüpfer getan, weil es schon in Gedanken saucoole Sommerparties feiern wollte und sofort bereit war, den bisher nicht vorhandene grünen Daumen hervorzukramen, um die Zeit mit Hege und Pflege des noch nicht vorhandenen Dachgartens zu verbringen.

Aber Jungs sind da ja pragmatischer. Falsche Seite – die Terrasse geht nach Süden, was unserem Norden gleichkommt, weil selten Sonne. Ein Zimmer zu wenig. Vielleicht zu teuer. Warscheinlich zu teuer. Zu teuer. Im Moment! Den Aufzug hört man. Eventuell muß ein Dachfenster neu abgedichtet werden. Und die Planken um den Pool sind in einem schlimmen Zustand.

Hab trotzdem schon mal vorsichtshalber eine Skizze gemacht und virtuell Möbel verteilt 🙂

Die nächsten beiden Appartements waren ok, aber nicht begeisternd. Wie auch, nach Nr. 3 🙂 Die Aufteilung ist hier fast immer gleich. Die Wohnung gliedert sich in drei getrennte Bereiche: Küche + Waschküche + Raum fürs Personal / ein großer Wohn- und Essraum / weitere kleine Räume zum Arbeiten, Schlafen oder für die Kinder. Meist gibt es zwei Eingangstüren. Die eine führt direkt in die Küche und ist für die Empregada*, also die Hausangestellte. Die andere führt in den Wohnbereich. Je nach Budget fällt das Ganze großzügig oder lausig aus. Bisher haben wir eher zweiteres  gesehen, aber am Freitag gehts weiter mit der Besichtigungstour. Dann werden wir uns auch ein Haus anschauen – bin mal gespannt. pe

FAVELARÄUMUNG

Wir haben gerade erst erfahren, dass gestern morgen im Süden São Paulos eine Favela geräumt wurde. Über 1000 Menschen ohne Bleibe und ohne Aussicht auf eine. Da kommt mir mein Artikel über die Appartements wie eine Farce vor.

Das sind Kontraste, mit denen wir hier täglich zu tun haben und es ist schwer, damit umzugehen. Viele sagen, man gewöhnt sich daran. Ich glaube, man blendet es irgendwann aus. Am Sonntag sind wir mitten im Centro an einer belebten Straßenecke vorbeigekommen, wo ca 30 Menschen – Männer, Frauen und Kinder wohnen – auf Decken, Kartons und allem, was ein wenig warm hält. Armut gibt es auch in Deutschland. Aber das was wir hier sehen, ist damit nicht zu vergleichen. pe

HALLO LEUTE

Ich bin’s, Jo(chen), mit ein paar Gedanken zu dieser Stadt, die unser Zuhause in den nächsten Jahren sein wird.

São Paulo, Megacity oder Moloch? Einerseits andererseits? Geht das überhaupt oder ist São Paulo nur ein zum Scheitern verurteilter Versuch? Sozusagen die Quadratur des Kreises? Die Anforderung moderne Urbanität und die schiere Masse Mensch zu vereinen, scheint in São Paulo immer kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen, aber dann funktioniert es irgendwie doch, bis auf wenige Ausnahmen. Von einigen Phänomenen dieser erstaunlichen Funktionalität im Chaos hat die Peti im Block schon berichtet, weitere Beschreibungen werden von uns folgen. jo

WAHL ’09

Die Bundestagswahl in Deutschland ist natürlich auch hier nicht spurlos an uns vorübergegangen. Um das Ereignis gebührend zu begehen, hatte der deutsche Club „Transatlantico“ ab Mittag zu einer Wahlparty geladen – mit politischen Diskussionen, Kommentaren aus berufenen Mündern und dem hier üblichen Zitat der „Cozinha Alemã“: Sauerkraut, Würstchen und Bier.

Letzteres und die Aussicht auf neue Gesichter und viel Gerede mag wohl bei den meisten Besuchern den Ausschlag dazu gegeben haben, das Fest zu besuchen. Die politisch Diskutierenden wurden nur von einigen wenigen beachtet.

Tja und dann steht man da im deutschen Club mit deutschem Weißbier und unterhält sich auf deutsch anläßlich der deutschen Wahl. Und das mitten in Brasilien. Mir ist es nicht gelungen, da ein Gefühl der Heimatverbundenheit zu entwickeln – ich fand das hauptsächlich spooky.

Aber wir Deutsche haben ja bekanntermaßen Probleme mit der eigenen Identität – trotz Fußball-WM. Dabei ist das hier gar nicht „schlimm“, Deutscher zu sein. Au Contraire. Die deutsche Kultur ist sehr beliebt, es gibt massig Restaurants mit so wohlklingenden Namen wie Weinstube, Bierquelle oder Munique. Auch sollte man mit lauten Lästereien in der Öffentlichkeit etwas vorsichtig sein, da viele Brasilianer sehr gut deutsch verstehen.

Warum muß man nicht lange erfragen: Seit Mitte des 19.Jhd.gab es immer wieder Auswanderungswellen nach Südamerika – vor allem um die beiden Weltkriege herum. Wenn wir deutschsprechende Brasilianer kennenlernen, ist es immer ganz witzig, das besonders betont wird, wenn der Vater VOR dem zweiten Weltkrieg ausgewandert ist und nicht nachher. Kann ich verstehen!

Am kommenden Freitag haben wir noch eine Einladung – diesmal in fein anläßlich des Tags der deutschen Einheit. Im Club wird das schon am 2ten Oktober vorgefeiert … hmmm, ich glaube ich hätte mal wieder Lust auf einen rheinischen Sauerbraten mit Klößen und Apfelmus und dazu ein feines Kölsch 😉 … Appropos: es gibt hier tatsächlich Kölsch! Aber diese Geschichte wollte Jo erzählen. pe

SCHWIMMENFAHREN

Herrjeh, ich habe mich ja schon einige Male über das Wetter im Winter beklagt, aber nun gibt es mal was filmisches dazu. Das hier war der heute-nachmittagliche kurze Regenschauer, wie er häufig vorkommt. Als Autofahrer muß man aufpassen, denn das Wasser läuft nicht richtig ab, sondern die Straßen herunter.

Demzufolge wird es an den tiefsten Stellen – also vornehmlich in den Tunnels – eng, denn die laufen schon mal voll und wer dann nicht rechtzeitig rausfährt, muß rausschwimmen. Leider gab es tatsächlich schon Tote nach Regenschauern. So werden die „gefährlichen“ Tunnels bei Regen auch eher nicht befahren, was natürlich dann zu ordentlichem Traffic auf den Straßen führt. Und ich muß mich jetzt gar nicht wundern, dass Jo immer noch nicht von der Schule zurück ist – schluck – ich ruf lieber mal an … Alles ok! 😉 pe

IN KÖLLE JEBÜTZT

Erst mal: Kölle Alaaf aus São Paulo! Hoffe, ihr habt heute ordentlich Gas gegeben 🙂 Aber was musste ich denn da lesen? In Kölle jebützt – das Motto für die Session 2010 mit der Erklärung:

„Das Motto ist eine Aufforderung an alle, sich vom Kölschen Lebensgefühl anstecken zu lassen. Außerdem zeigt es die Verbundenheit zwischen zwei Menschen – wo geknutscht wird, schlägt man sich nicht!“

Ja klar, Herr Kuckelkorn, make Love, not War! Das wird sicher eine schöne Weiberfastnacht: Menschentrauben in lustvoller Umarmung, kopulierende Massen auf dem Heumarkt, Matratzenlager in den angesagten Kneipen, Kondome gratis und „Schetähm“ neu interpretiert als kölsche Karnevalshymne! Ach herrlich! 😉 pe

MAJA

Wir trauern um unsere kleine Maja, deren Herz am Donnerstag im Alter von 9 Wochen aufgehört hat, zu schlagen. Irgendwie weiß man ja, dass die ersten drei Monate „gefährlich“ sind und dass viele Babys nicht überleben. Aber wenn es dann wirklich passiert, tröstet das Wissen nur insofern, dass ein Abort in diesem Stadium der Schwangerschaft relativ normal ist. Und besser früh, als später oder die Geburt eines behinderten oder nicht lebensfähigen Kindes.

Gar nichts kann die Ultraschallbilder auslöschen. Und das Rauschen des Mikrofons, das keine Herztöne aufzeichnet. Und den Blick der Ärztin, als sie erkannt hat, dass sich nichts mehr bewegt. Und das Gefühl, von jetzt nach gleich von riesiger Freude in ein ganz tiefes Tal der Trauer und Fassungslosigkeit zu stürzen. Nur mit dem Weg Richtung OP, die der Schwangerschaft dann offiziell ein Ende bereitet. Und die Leere danach.

Ich weiß, das ist ein Thema, über das man nicht spricht. Und vielleicht wundert ihr euch auch, dass ich das hier tue. Oder findet es pietätlos. Mir fällt es auch nicht leicht, aber die Kleine (wir sind uns merkwürdigerweise sicher, dass es eine Kleine ist), wird immer bei uns sein, wird immer die Maja sein und wird nicht totgeschwiegen und nicht vergessen. Und hat nun einen Raum hier und in eurer Erinnerung. Das ist gut.

Wir wissen jetzt noch mehr zu schätzen, wie besonders so ein kleines Leben ist und wie sorgsam man damit umgehen muß. Das und das Andenken an Maja nehmen wir mit und schauen nach vorn bzw. versuchen das gerade. Laut Ärztin ist die Warscheinlichkeit groß, sofern keine gravierenden genetischen Probleme vorliegen,  dass die nächste Schwangerschaft gut verläuft und dass die Babys „danach“ kräftig und stark werden. Das wünschen wir uns. pe

BOAS FESTAS

Noch 2 Tage bis Weihnachten und es will sich so gar keine vernünftige Weihnachtsstimmung einstellen – wie auch im Hochsommer! Wir haben echt alles probiert:

Plätzchenbacken! Bei 31 Grad irgendwie absurd 😉 … aber lecker, dank eines tollen Rezeptes von Herrn Schubeck.

Weihnachtsgesänge! Von immerhin 6 Nikoläusen und -Läusinnen.

Weihnachtsbasar! EXTRAkitschig im Iguatemishopping!

Das hat alles nicht geholfen! Aber ich glaube, wenn dann der 24zigste ist und wir es uns gemütlich machen, mit vielen Kerzen und mit ohne Kaminfeuer wird sich ganz heimlich doch ein wohliges Weihnachtsgefühl einschleichen 😉

Wir wünschen euch allen boas festas!
pejo

OI, TUDO BEM?

pinheiros

Hey Moni, stimmt, hab lange nichts mehr geschrieben. Ich war awoi lustlos, denn dieser Blog ist mit der Zeit doch etwas einseitig geworden – war doch am Anfang die Idee da, ihn als Instrument des gegenseitigen Austausches einzurichten. Vielleicht können wir das ja wieder zum Leben erwecken? Dann mache ich mal den Anfang.

Die letzten zwei Monate waren hier etwas anstrengend. Wir fühlen uns seit dem Urlaub im Januar jetzt erst richtig angekommen, der Huddel-und-Brassel-Fokus ist verschwunden und da ergeben sich dann andere Dinge, die zu verarbeiten sind. Wer bin ich, wohin gehe ich und warum weiß meine Golf den Weg … oder so ;-). Und im Gegensatz zu Deutschland – auweia, DER Winter! – war es hier sehr heiß mit etwa 30°C im Durchschnitt – nachts dann nie unter 20°C. Aber bloß kein Neid, die Temperaturen haben uns auf Dauer ganz schön gegrillt, zumal es hier sehr schwül dabei ist – tropisches Klima. Da bleibt man am liebsten drinnen, tut gar nichts und ölt stumpf vor sich hin.

Daher wurds auch irgendwann ziemlich langweilig, nicht für Jo, denn er hat ja den Job an der Schule, sondern fürs Peti, die sich so gar nicht recht fürs bloße Hausfrauendasein eignet. Eigentlich hätte ich von mir selber gedacht, endkreativ zu werden, Flash zu lernen, Illustrationen zu machen usw, aber die richtige Motivation fehlte und fehlt bis jetzt.

Stattdessen hat sich nun etwas anderes entwickelt, was ungleich spannender ist. Ab April werde ich Stadtführungen machen mit dem Schwerpunkt Graffiti in den Stadtteilen Vila Madalena und Pinheiros. Die Graffitiszene São Paulos hat mich von Anfang an begeistert und ich hab im Netz nach Möglichkeiten gesucht, mehr darüber zu erfahren. So ist ein Kontakt entstanden, ein Stadtspaziergang passiert – das schon im Januar – und die Idee geboren worden, dass ich diese Führungen in deutscher Sprache für die Company anbiete, bisher gibts das nur auf portugiesisch und englisch.

Der Bedarf ist da, denn hier leben viele deutschsprachige Expats – zur Zeit etwa 400.000. Und aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es für viele mit einem unguten Gefühl verbunden ist, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Da ist ziemlich viel Angst und Unsicherheit, denn São Paulo hat ja nicht den besten Ruf. Ich glaube, der größte Feind ist da eben die Unkenntnis und der möchte ich gerne entgegenwirken und einen neuen Blick ermöglichen.

Einen spannenden zugleich. Seit zwei Wochen schreibe und pauke ich jetzt alles Wissenswerte über das Graffiti hier, seine Herkunft, die Künstler usw. NOSSA, das ist wie eine Diplomarbeit schreiben, aber tut gut und macht Spaß. Zwei Testführungen gab es bereits, nächste Woche gehts dann weiter. Also von Langeweile – Graçias a deus – zur Zeit keine Spur. Drückt mal die Daumen, dass die Sache gut anläuft, bom? Und schreibt mal wieder – wir vermissen euch. pe

FELIZ PÁSCOA!

hasen

Schon seit einigen Wochen hängen hier in den Supermärkten bergeweise Schokoeier von der Decke. Nee, nee, mit Selbermalen is nich, der Brasilianer siehts da eher gelassen. Auch das Eiersuchen wird hier nicht zelebriert – wäre wohl auch ein bißchen hart, die Kids zum Suchen in den Dschungel zu schicken – die kommen dann mit Spinnen und sonstigem Getier wieder und die Eier verschwinden im dichten Unterholz auf nimmer Wiedersehen – Tränen und Aufregung und der ganze Osterspaß ist dahin.

Stattdessen werden hier angeblich Schokoeier, die nochmals mit Schokolade oder Spielzeug befüllt sind, aufgehängt, beschimpft und wieder abgerissen 😉 Hmmm? Das soll an an den Verrat von Judas erinnern, die Eier stehen dabei symbolisch für ihn.

Avanete, unsere Faxineira, hat davon allerdings noch nie was gehört – sie feiert folgendermaßen: die ganze Familie reist an, bei 11 Geschwistern dürfte die Hütte da ordentlich brummen – Hütte meine ich wortwörtlich, Avante wohnt in einer Favela. Freitags gibt es Fisch, samstags Churrasco, sonntags Schokolade, zwischendrin den Kirchgang – für Katholiken hier selbstverständlich.

Wir werden von den diversen Osterbräuchen wahrscheinlich wenig mitbekommen, denn wir fliegen morgen nach Brasilia, um einmal mehr die Architektur von Oscar Niemeyer zu bewundern. Als Regierungssitz wird die Stadt wohl über Ostern ziemlich ausgestorben sein, also keine Eier an Laternpfählen??? Aber definitiv eine Kerze in der „Catedral Metropolitana Nossa Senhora Aparecida“ 😉

Wir wünschen euch frohe Ostern und schöne, warme Ostertage! pejo

4:1

Kurz vor dem Vierten und währenddessen. Und wieder per Zufall und in Echt – ich schwöre! (Vorne rechts sitzt übrigens ein brasilianischer England-Fan!) Vielleicht ist das Bild ja ein gutes Omen fürs Spiel morgen?! Des Daumendrückens der Brasilianer können wir uns sicher sein – die wollen unbedingt die Argentinier loswerden.

Naja, dafür haben wir wohl nichts gegen einen Sieg von Brasilien gegen Holland, oder? 😉 Es ist jetzt 10h in São Paulo – eine Stunde vor Anpfiff – die Straßen werden leer, die Tröten lauter und die Kneipen füllen sich langsam oder schließen ab. Es liegt Spannung in der Luft. pe

BIS BALD

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So, das wars dann auch vorerst mit meiner Berichterstattung aus São Paulo. Noch 2 x Fußballgucken und dann fliegen wir schon nach Deutschland, um den Juli in der alten Heimat zu verbringen. Wir freuen uns schon wie Jeck auf Zuhause und darauf, euch endlich wiederzusehen.

Und natürlich auch auf Kölsch, richtiges Brot und Fleischwurst vom Ring – so einfach kann das Leben sein 🙂 Um beijo*** pe&jo