FUTEBOL IN SÃO PAULO

Als wir nach São Paulo kamen wurde uns recht schnell Eines klar: In Sachen Fußball hat man hier keine liberale Einstellung, man ist Fan, man steht nur auf einer Seite und man muß sich entscheiden: FC São Paulo oder Corinthians oder Palmeiras. Basta!

Jeder Club pflegt ein Image, welches sich aus seiner Herkunft erklärt. Als Beispiel: Ein einfacher Arbeiter aus der Zona Norte wird vermutlich NIIIEMALS Fan vom FC São Paulo sein können, wenn er in seinem Viertel lebend die Straße überqueren möchte. Dieses Imageding ist wahrscheinlich in deutschen Fußballclubs auch nicht anders, oder ihr Fußballexperten? Als dann, hier die Szene São Paulos:

SPFC

Der FC São Paulo (SPFC) wurde 1930 gegründet, dann ein zweites Mal 1935. Beim zweiten Mal wurden zwei Vereine zusammengelegt, die bereits um die Jahrhundertwende aktiv waren. Einer davon, Athletico São Paulo, zählt zu den Ersten der brasiliansichen Fußball-Liga. In seinem Gründungsjahr 1901 war Fußball in Brasilien noch nicht populär. Die Briten hatten den Sport mitgebracht, daher spielte man in den ersten Jahren ausschließlich im elitären Kreis britischer Einwanderer beziehungsweise in der Oberschicht.

corinthians

Damit kommen wir zu den Corinthians Paulista. Dieser Verein wurde 1910 gegründet und sollte, im Gegensatz zum „britischen“ Prinzip, ein Fußballverein für alle, also auch für die einfachen Arbeiter sein. So wurde auch der Name der englischen Amateurmannschaft „Corinthians“ übernommen, die im Jahr 1910 alle Spiele gegen brasilianische Teams (Oberschicht) gewannen. Das Image des „Arbeiterclubs“ haftet den Corinthians bis heute an und wird liebevoll gepflegt. Dies gilt im übrigen auch für das elitäre Image des FC São Paulo, der passenderweise sein Heimatstadion in Morumbi hat, einem wohlhabenden Stadtteil São Paulos.

PALMEIRAS

Palmeiras, die Dritten im  Bunde, gibt es seit 1914. Gegründet wurde der Club von Corinthians-Anhängern italienischer Abstammung, die, inspiriert durch den Besuch zweier italienischer Fußballvereine, nun ihr eigenes Team haben wollten (typisch Italiener!): genannt Palestra Itália – heute Palmeiras. Schnell wanderten viele ehemalige Corinthians-Anhänger ab, die in der Folge als Verräter bezeichnet wurden. Bis heute lebt diese Rivalität und die beiden Clubs sind wirklich erbitterte Gegner.

Vorgestern standen Palmeiras gegen Corinthians im Heimatstadion der Corinthians „Pacaembu“ in der Entscheidung zum brasilianischen Fußballmeister. Palmeiras war schon lange raus, aber die Corinthians hatten als Tabellenerster eine gute Chance, wenn sie das Spiel gewinnen oder der Tabellenzweite, Vasco da Gama aus Rio, nicht mehr als ein Unentschieden schafft. Zweiteres ist geschehen und im Anhang der Jubel der Corinthians-Fans in unserem Veedel kurz nach Abpfiff.

Übrigens: unsere Straße scheint halbehalbe Corinthians/Palmeiras zu sein. Das können wir jeden Spieltag hören, wenn sich die Fans der beiden Mannschaften quer über die Straße Schimpfworte an den Kopf brüllen oder sich ein Gefecht mit Krachern liefern. Chupa (Sch…lutscher) ist dabei der Ausdruck allererster Wahl 🙂 pe

 

BAYERN DE MUNIQUE

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Neee, neee, neee – also das war ja wohl nichts! Drei Matchbälle und alle versiebt! Da können einem selbst die Bayern ein bisschen leid tun. Gesehen haben wir das Endspiel der Champions League im São Cristovão, besagter Boteca, in die wie uns eigentlich fast immer begeben, wenn es etwas „amtliches“ in Sachen Fußball zu gucken gibt, weil die es übertragen.

Gestern sogar inklusive Merchandising wie kleinen Tischaufstellern und Buttons, die die Live-Übertragung des Spiels angekündigt haben. Das habe ich dort bisher noch nicht gesehen und wir hatten kurz Sorge, dass sich auch ein Kamerateam blicken lässt, um ein paar Kommentare einzufangen. Das haben die aber schön bleiben lassen.

Viele der anwesenden Fußballfans waren auf unserer Seite, teilweise sogar im passenden Outfit. Aber es gab auch reichlich „blaue“ Seelen und so wurde während des 2-stündigen Fußballfiaskos mal hier „Hurra“ geschrieben und mal dort „Não“, mal hier die Hände vors Gesicht geschlagen und mal dort „Goooool“ gejubelt.

Bundesligafinale, Pokalendspiel und Champions League – jetzt sind wir warm und freuen und schon auf die Fußball-EM, die natürlich auch verfolgt werden muss. Unsere Handtücher haben wir im São Cristovão jedenfalls schon ausgelegt! pe

GOOOOOOOL

Anbei eine filmische Kostprobe der brasilianischen Verbalakrobaten sprich Fußball-Kommentatoren. „FernandoFernandoFernandoTooooores de novo!“ Da können sich die deutschen Kollegen aber noch ein Scheibchen von abschneiden, oder? 😉 pe

DEUTSCHLAND VS PORTUGAL

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Dank guter Beziehungen, extremer Hartnäckigkeit und der Unterstützung eines Portugalfans ist es uns gestern gelungen, trotz des parallel laufenden Freundschaftsspiels Brasilien-Argentinien (3:4) in einer hinteren Ecke des São Cristovão das erste Spiel der deutschen Nationalmanschaft anzuschauen. Der nette Portugal-Brasilianer wird übrigens nie wieder während eines laufenden Spiels Fotos der gegnerischen Fans schießen, denn exakt in der Sekunde als er es tat, fiel das Tor für Deutschland 🙂 pe

SPFC

regen

Oder São Paulo Futebol Clube. Über Fußball möchte ich an dieser Stelle aber gar nicht reden – das kann Jo viel besser – mir geht es um die brasilianische Baukunst, die ich ja schon einige Male gelobt habe.

Neulich allerdings, als wir uns ein Spiel des SPFC im Heimstadion angesehen haben, war davon nicht viel zu merken. In der zweiten Halbzeit ging ein prächtiges Gewitter los, das zu Spielunterbrechung und plötzlicher Leerung der unüberdachten Oberränge führte. Glücklicherweise waren die Unterränge nicht besetzt, denn sonst hätten die Fans ganz vorne sicher eine kalte Dusche bekommen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Wassermassen, die sich auf dem Gebäude angesammelt haben, wurden nicht etwa elegant nach außen abgeleitet, sondern landeten über säuberlich verteilte Ausgüsse mitten im Stadion, kurz vor dem Unterrang. Da hat sich jemand mal richtig Gedanken gemacht 🙂 pe

FUTEBOL

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Wird hier „Futschibolli“ ausgesprochen 🙂 Und schießt einer ein Tor, singt der Kommentator Gooooooooooooooooollllllllllllll – das hört sich etwa so an, wie Michael Buffer beim Boxen. Gut so, denn so bekommt man auch trotz der Vuvuzelas mit, wenn was wichtiges passiert ist!

Gestern haben wir viel Gol gehört – 4:0 hat warscheinlich keiner getippt oder erwartet, oder? Selbst der Brasilianer hat der Leistung des deutschen Teams Respekt gezollt. Das sollen die auch erstmal besser machen – morgen um 15.30h, wenn hier angeblich außer Futebol nichts mehr geht. Wir werden sehen und berichten! pe

FUTEBOL II

Auto

Die Brasilianer sind weiter, die Deutschen auch … alles gut in Fußballien. Tatsächlich ist es hier so, dass wenn Brasilien spielt, die Straßen leer und die Botecas voll sind. Die Geschäfte, selbst Banken haben geschlossen, Taxifahrer bleiben an ihren Halteplätzen, die meist einen eingebauten Fernseher haben und wenn man was will, sollte man besser bis zur Halbzeit abwarten.

Diesen Zustand haben wir ausgenutzt, um am Sonntag während des Brasilienspiels von der Küste nach Hause zu fahren. Natürlich begleitet vom Kopfschütteln des Brasilianers, der so etwas niemals tun würde. Normalerweise bedeutet eine Rückfahrt vom Meer sonntagnachmittags 4 Stunden Stau, weil ja alle gleichzeitig wieder nach São Paulo wollen. Am Sonntag haben wir das jedoch in schlanken 2 Stunden geschafft – in der ganz regulären Zeit.

Dafür gabs das Spiel dann im Autoradio. Drei Sprecher haben sich den Kommentar geteilt – das ist auch angebracht, wenn man hört, wie schnell die Jungs reden können. Bemerkenswert. Reden und Luftholen erfolgt da in etwa zur selben Zeit. Leider ist der erste Gol-Schrei nicht drauf – ich glaube das waren 30 Sekunden. Mindestens 🙂 Hier eine Kostprobe! pe