HIGIENÓPOLIS

Architektur in São Paulo = die Herren Oscar Niemeyer, Lina Bo Bardi und Paulo Mendes da Rocha in Sachen Moderne – sprich Beton in allen Variationen (sehr vereinfacht ausgedrückt). Und Rui Ohtake für seine ungewöhnliche und dynamische Architektur (siehe zum Beispiel das Hotel Unique oder das rot-blau gestreifte Ohtake-Building).

Da hab ich meine Rechnung bisher ohne Higinópolis gemacht – dies ist kein Architekt, sondern ein Bairro von São Paulo. Ende des 19 Jhds sammelte sich dort die Highclass São Paulos und erschuf einen Stadtteil, der im Kontrast zum Centro große und breite Straßen hatte, über einen ordentlichen Baumbestand verfügte, sehr ruhig und reinlich war und daher seinen „sauberen“ Namen Higinópolis erhalten hat.

Mitte der Vierziger bis Ende der fünfziger Jahre wuchs der Stadtteil in die Vertikale. Verantwortlich für die, bis heute bemerkenswertesten Gebäude dort, zeichneten sich zwei Architekten, die ebenfalls durch die Moderne inspiriert waren: der Paulistano João Artacho Jurado und der Deutsch-Brasilianer Adolf Franz Heep.

Ersterer baute 1952 in Higinópolis das erste brasilianische Condomínio mit Freizeitcharakter – das Edifício Bretagne. Er integrierte ein Schwimmbad, Spielplätze, Leseräume, einen Tee- und Musiksaal sowie eine Piano-Bar. All das für jedermann im Haus nutzbar. In seiner Architektur huldigt er Oscar Niemeyer, doch versucht er eine ornamentale und farbige Annäherung an die Gebäude Niemeyers. Derart, dass seine Gegner das Edifício Bretagne als ein „von Oscar Niemeyer entworfenes Barbiehaus“ bezeichnet haben. Das selbe Gebäude wurde übrigens vom Wallpaper-Magazin als jeniges welches beschrieben, indem es sich seinerzeit weltweit am besten leben lassen sollte.

italia

Zweiterer, der Herr Heep, stark von Bauhaus geprägt und Mitarbeiter von Corbusier, zeichnet sich verantwortlich für zwei bemerkenswerte Gebäude. Das Edifício Lausanne (1950) in Higinópolis (siehe Bild ganz oben), berühmt für die Farbgebung der Fassade mit den Holzfensterläden und das Edifício Italia im Centro (1965) – zweitgrößtes Gebäude der Stadt mit 165m, direkt neben Niemeyers „Copan“, touristische Sehenswürdigkeit. Letzteres wohl eher wegen der auf dem Dach ansässigen Bar + Restaurant mit fantastischem Ausblick.

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Ein Rundgang durch Higinópolis ist mit einer architektonischen Zeitreise ins São Paulo des 20 Jhds zu vergleichen, da jedes Jahrzehnt hier seine deutlichen Spuren hinterlassen hat. Higinópolis war immer schon reich und intellektuell und das ist es auch heute noch – also die perfekte Voraussetzung für die Erschaffung von Besonderem. Daher darf man wohl besonders gespannt darauf sein, welche zukünftigen Klassiker dort gerade entstehen. pe

5 Gedanken zu „HIGIENÓPOLIS

  • 21. März 2011 um 12:08
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    Da haben wir wieder was gelernt!
    Danke + ’nen schönen Gruß

    o.

  • 28. März 2011 um 3:42
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    Danke für die Stadtführung. Immer wieder interessant! Wenns ginge, würde ich sofort vorbeikommen! LG. aus Köln, Thorsten

  • 28. März 2011 um 7:30
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    au ja – komm! noch schnell ein paar bilder berkaufen und dann nix wie ab in den flieger 🙂

  • 2. April 2011 um 4:03
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    tja… wir wollten euch ja auf jeden Fall besuchen kommen, aber aus bekanntem Grund wird das wohl nix, es sei denn ihr bleibt noch so ca. 5 Jahre 🙂

  • 3. April 2011 um 10:39
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    neee moni, da muß ich dich leider enttäuschen, solange bleiben wir nicht mehr – ende 2012 ist feierabend, dann wirds containerchen gepackt und es geht wieder nach hause. ((( aber warum 5 jahre? habe noch nie von sooooo lange andauernden schwangerschaften gehört 😉 )))

    beijos***

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